Berlin (epd). Das Jüdische Museum Berlin soll bis Frühjahr 2020 eine neue Leitung bekommen. Als Nachfolger des vor einer Woche zurückgetretenen Museumsdirektors Peter Schäfer werde ein international erfahrener Museumsprofi gesucht. Dieser müsse das Haus leiten und weiterentwickeln können, erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Freitag als Vorsitzende des Stiftungsrates der Einrichtung. Eine Berufung im Frühjahr 2020 werde angestrebt. Die Stelle soll unverzüglich ausgeschrieben werden.
Zugleich wies der Stiftungsrat auf seiner Sitzung am Donnerstagabend Vorwürfe zurück, das Museum verfehle seine Stiftungsziele oder habe seine inhaltliche Richtung verloren. Der Stiftungsrat dankte dem renommierten Judaisten Peter Schäfer ausdrücklich für seine Arbeit in den zurückliegenden Jahren. Grütters betonte, die inhaltliche Autonomie des Museums und seine Unabhängigkeit seien ein hohes Gut und garantierten ein innovatives, diskursorientiertes Programm.
Schäfer hatte in der vergangenen Woche nach harscher Kritik des Zentralrates der Juden seinen Rücktritt erklärt. Aktueller Auslöser der Kritik von Zentralratspräsident Josef Schuster am Museum war eine Leseempfehlung der Museums-Pressestelle über Twitter. Darin wurde auf einen Zeitungsartikel über eine Erklärung israelischer und jüdischer Wissenschaftler verwiesen, die gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages Stellung bezogen hatten. BDS fordert den Boykott Israels sowie Sanktionen wegen der Besatzungspolitik.
Grütters erklärte, in der Stiftungsratssitzung sei erneut deutlich geworden, dass gerade auch Juden sich in der Arbeit des Museums wiedererkennen müssten und die nicht-jüdische Welt mehr über das Judentum erfährt. "Aus Fehlern der Vergangenheit, nicht zuletzt in der öffentlichen Kommunikation der letzten Monate, haben Professor Schäfer und das Museum ihre Konsequenzen gezogen. Jetzt heißt es, den Blick nach vorn zu richten", sagte Grütters.
Bis zur Ernennung eines neues Direktors soll das Haus vom geschäftsführenden Direktor Martin Michaelis geleitet werden. Außerdem soll die Stiftung bis zum Antritt eines neuen Direktors durch eine noch zu benennende "Vertrauensperson" in konzeptionellen Fragen beraten werden, hieß es weiter. Zur Fertigstellung der neuen Dauerausstellung wird der Stiftungsrat künftig durch einen Beirat unterstützt, der am 28. Juni erstmals zusammentreten soll. Ihm gehören sieben ausgewiesene Wissenschaftler an, darunter Historiker und Museumsfachleute.