Eva Menasse, die Schwester des österreichischen Autors, hatte ihren Bruder vergangenen Mittwoch in der "Süddeutschen Zeitung" verteidigt und dabei auch Claussens Vorwurf des "Holo-Kitsch" zurückgewiesen. Claussen nahm nach eigenen Angaben daraufhin Kontakt zu ihr auf. Seine Entschuldigung sei angenommen worden, sagte Claussen.
Auf seinem Blog "Kulturbeutel" bei "chrismon.de" schreibt der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), er habe mit seiner Kritik an Menasse eigentlich deutlich machen wollen, dass Vertreter der liberalen und europäischen Idee, zu denen er sich selbst zähle, sich gerade angesichts von Rechtspopulismus und -extremismus um größtmögliche Präzision in ihren geschichts- und ideenpolitischen Argumentationen bemühen sollten. Das sei ihm offenkundig selbst nicht gelungen, räumte Claussen ein.
Robert Menasse war Anfang Januar öffentlich in die Kritik geraten, weil er fälschlicherweise behauptet hatte, Walter Hallstein (1901-1982) habe seine Antrittsrede als erster europäischer Kommissionschef in Auschwitz gehalten. In Reden und Diskussionen hatte Menasse Hallstein zudem Zitate in den Mund gelegt, die so nicht gesagt worden waren. Menasse ist Autor des Brüssel-Romans "Die Hauptstadt" und engagiert sich in politischen Essays für die europapolitische Idee.
Einige Kulturbeauftragte evangelischer Landeskirchen widersprachen Claussens Äußerungen zu Menasse in einem Offenen Brief. Sie argumentieren allerdings ausschließlich mit dem Brüssel-Roman, in dem es ebenfalls um Auschwitz und die Gründung der EU-Kommission geht, und nennen das Werk das "Gegenteil von 'Holo-Kitsch'", sondern "eine erschütternd wahre Erfahrung, die Menasse verdichtet". Claussen und seine Kollegen wollen sich über den Fall Menasse und über weitere Fragen wie die nach dem Verhältnis nationaler und europäischer Idee oder nach der zukünftigen Erinnerungskultur bei einem Treffen voraussichtlich im Mai austauschen.