15.7., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst: Frieden feiern - Frieden stiften“
Evangelische Christen aus Kehl und Strasbourg feiern einen gemeinsamen Friedensgottesdienst im Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges und den Weg der Versöhnung, den sie gegangen sind. Mitten im Krieg widersetzten sich damals die evangelischen Christen der Kriegspropaganda und gaben ihrer Stadtkirche den neuen Namen: Friedenskirche. Allerdings dauerte es vierzig Jahre, bis aus den ehemaligen Erzfeinden verlässliche Freunde wurden. Der Gottesdienst wird von Dekan Günter Ihle aus Deutschland und Pfarrerin Roos Van de Keere aus Strasbourg geleitet. Die Predigt hält Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh von der Badischen Landeskirche.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
16.7., ARD, 22.40 Uhr: "Die Story im Ersten: Der Pflegeaufstand“
Noch nie lebten in Deutschland so viele Menschen in Pflegeheimen. Und noch nie stand Pflege so sehr in der Kritik: Weil der Verdacht besteht, dass die deutsche Pflegegesetzgebung die Würde des Menschen nicht ausreichend schützt, ruft eine Gruppe von Klägern die Instanz an, die über das Grundgesetz wacht - das Bundesverfassungsgericht. Der Vorwurf: Der Staat vernachlässigt seine Schutzpflicht für hunderttausende pflegebedürftige Menschen und gefährdet damit Grundrechte.
Der Film von Ariane Riecker nimmt die Beschwerde vor dem Verfassungsgericht zum Ausgangspunkt, um das System der Pflege zu hinterfragen. Wie ist das Pflegesystem seit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 in Deutschland organisiert, finanziert und wie wird Pflege kontrolliert? Welche Folgen hat es, dass die Pflegebranche seitdem zu einem lukrativen Markt geworden ist, der von den Marktakteuren weitestgehend selbst verwaltet wird und die sogar ihre eigenen Kontrollkriterien mitbestimmen dürfen? Riecker spricht mit politischen Akteuren, mit der Vorstandsvorsitzenden des größten europäischen Pflegekonzerns, mit der Kontrolleurin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen; aber auch mit einem Quereinsteiger, der sein Pflegeheim eigentlich nur gekauft hat, weil er ein gutes Geschäft vermutete. Zu Wort kommen zudem die Juristen, die die Beschwerde vor dem Verfassungsgericht ausgearbeitet haben. Außerdem stellt der Film ein kleines privates Pflegeheim in Bayern vor, das beweist: Man kann gute und menschliche Pflege gewährleisten. Rieker verdeutlicht, dass es keine einfachen Antworten, aber ein grundsätzliches Problem gibt: Pflege ist zu einem lukrativen Geschäft geworden, und das System der weitgehenden Selbstverwaltung lässt Marktkräfte wirken, die die Interessen der Pflegebedürftigen ins Hintertreffen bringen.
16.7., 3sat, 23.50 Uhr: "37 Grad: Mein Haus zieht mit“
Cool, individuell, wildromantisch: Leben auf dem Hausboot, im Camper oder Mini-Haus, das klingt nach Abenteuer und Freiheit. Doch wer lebt dauerhaft in einem so ungewöhnlichen Zuhause?
Doro Plutte begleitet drei Familien, die mobil wohnen. Menschen zwischen verrückten Ideen und großen Träumen. Die fünfköpfige Familie, die in einen Camper zieht. Das junge Paar, das ein Haus auf 25 Quadratmetern baut. Den Alltag einer Familie, die auf dem Wasser lebt. Das so ein Dasein mit gewissen Herausforderungen verbunden ist, zeigt das Beispiel von Jill: Sie ist hochschwanger. Eine Tochter haben sie und ihr Mann Ole schon, Kind Nummer zwei kommt in wenigen Wochen. Jill will das Kind zu Hause zur Welt bringen; "zu Hause“ ist in ihrem Fall ein Boot. Seit drei Jahren wohnt das Paar in einem kleinen Hafen südlich von Hamburg. In der Großstadt fand es keine Wohnung. Also kauften sie sich einen heruntergekommenen Kahn und bauten ein Haus darauf. Komplett in Eigenregie. Jetzt wohnt die Familie in einem kleinen, roten Hausboot. Was romantisch klingt, ist besonders für Ole aber oft nur Plackerei. Immer geht etwas kaputt, muss der Steg erneuert oder der Rumpf gekittet werden. Und besonders mit dem zweiten Kind wird es bald eng auf dem Boot. Ob ein gewöhnliches Leben in einer Mietwohnung doch die bessere Lösung wäre? Familie Weiser gibt ihre Dreizimmerwohnung dagegen aus freien Stücken auf und zieht in einen Camper. Für die Eltern Julia und Erik bedeutet das vor allem ausmisten. In den nächsten Monaten wird das Leben der Weisers auf engstem Raum stattfinden. Schlafen, essen, arbeiten: alles in einem kleinen, gebrauchten Wohnmobil. Julia und Erik machen sich mit ihren beiden Kindern auf den Weg in Richtung Südfrankreich. Noch gehen die Kleinen nicht zur Schule, und als freischaffende Künstler sind die Eltern räumlich flexibel.
Warum also nicht einfach losfahren? Ausbrechen aus dem Gewöhnlichen und gemeinsame Zeit mit der Familie verbringen? Wenn da nicht das leidige Geld wäre. Daran mangelt es Weisers permanent. Für drei Monate ist ihr Wohnexperiment gesichert, aber dann muss irgendwoher finanzielle Unterstützung kommen, oder ihre Kunst muss Geld abwerfen. Drittes Beispiel sind das Paar Brendan und Sina, 25 und 20. Ein Leben lang das Eigenheim abbezahlen und gebunden sein, so wie es ihre Eltern getan haben: Darauf haben sie keine Lust. Aus den USA kennen sie das Konzept der "Tiny Houses“: kleine Häuschen auf Anhängern, in denen es auf engstem Raum alles gibt, was es zum Leben braucht. Die Flexibilität und der Gedanke, auch mit wenig zurechtzukommen, begeistert das junge Paar. Sie haben das Haus komplett am Computer geplant und jedes Detail berechnet. Den Anhänger haben sie schon gekauft, jetzt kommt das Baumaterial, und dann soll es losgehen.
Mobil zu leben reizt immer mehr Menschen in Deutschland. Grund dafür ist zum einen der knappe Wohnraum in den Großstädten, zum anderen die Freiheit, die diese Lebensform verspricht: einfach mal den Wohnort wechseln, autark sein, unabhängig, flexibel. Die Dokumentation zeigt, welche Herausforderungen das Leben auf kleinem Raum birgt, und fragt, wie frei es sich wirklich lebt im Camper, Hausboot oder Tiny House.
16.7., BR, 22.00 Uhr: "Lebenslinien“
Aus bitterer Armut aufgestiegen, führt die Oberpfälzerin Irmgard Gietl mit ihrer Familie ein bescheidenes, aber zufriedenes Leben. Als Mitte der 1980er-Jahre in ihrer Nachbarschaft die atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf gebaut werden soll, beginnt die bis dahin unpolitische Frau, sich zu wehren und für ihre Heimat zu kämpfen, indem sie die Demonstranten unterstützt - mit ihren Mitteln. Ungehorsam ist der heute 88-jährigen Irmgard nicht in die Wiege gelegt worden. Ihre Jugend in der Oberpfalz ist von Entbehrung geprägt. Das Stricken ist zunächst eine Grundnotwendigkeit, um warme Sachen zu haben. Doch es wird zu Irmgards Leidenschaft. Mit Mitte fünfzig führt Irmgard ein ruhiges Leben als Mutter und Hausfrau. Als bekannt wird, dass in ihrer Nachbarschaft bei Wackersdorf eine angeblich ungefährliche atomare Wiederaufarbeitungsanlage gebaut werden soll, wird sie misstrauisch. Die Härte, mit der die Regierung bald gegen demonstrierende Bürger vorgeht, treibt Irmgard selber an den Bauzaun. Für ihre Familie zu sorgen, heißt nun, gegen die WAA zu kämpfen. Und doch bleibt sie zerrissen zwischen traditioneller Hausfrauenrolle und gewecktem Widerstandsgeist. Nur ihrem Stricken bleibt sie treu: Zigtausende von Socken wie die, die sie bisher für Familie und Freunde gestrickt hat, verteilt sie nun als "Widerstandssocken“ an die Demonstranten: Damit sie keine kalten Füße bekommen. Claus Strigel, gemeinsam mit seinem Kompagnon Bertram Verhaag für Widerstandsfilme wie "Spaltprozesse“ (1987) und "Restrisiko oder Die Arroganz der Macht“ (1989) vielfach ausgezeichnet, stellt eine alte Dame vor, die den Baustopp der WAA 1989 bei aller Bescheidenheit auch sich selbst zuschreibt.
16.7., SWR, 18.15 Uhr: "Mensch Leute: Der Eifel-Indianer“
In der SWR-Reihe "Mensch Leute“ erzählen die Filmemacher Geschichten, die sich hinter den Kulissen des scheinbar Alltäglichen ereignen; und die man mitunter kaum für möglich halten würde. Die Reihe will das Spannende, Unerwartete, Kuriose und Überraschende hinter der ganz normalen Alltagsgeschichte entdecken. Ob millionenschwerer Rentner, der sein Erbe verschenkt, oder totgesagter Fixer, der zum gefeierten Triathleten wird: Die Geschichten, die "Mensch Leute“ erzählt, klingen oft unglaublich, stammen aber aus dem ganz normalen Leben. Dieter Scholz zum Beispiel war einst Model, dann Werbeagentur-Chef; und heute ist er Indianer. Scholz lebt seit rund dreißig Jahren auf dem Beuerhof in Üxheim (Vulkaneifel) ein einfaches Leben im Stil der Lakota-Indianer. Es ist ein Leben im Einklang mit der Natur, fernab vom Konsum und Leistungsdruck der deutschen Gesellschaft.
17.7., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Nur keine Panik!“
80 Millionen Menschen leben in Deutschland, jeden Achten trifft es irgendwann: Angststörungen; eine Krankheit unabhängig von Bildungsstand, Alter, sozialem Status und Geschlecht. "Wenn du dreimal am Tag eine dreiviertel Stunde lang denkst, du stirbst, dann macht das was mit dir“, sagt Nicholas Müller, ehemaliger Sänger der Band Jupiter Jones, aus eigener Erfahrung. Weder Goldene Schallplatten noch der Echo-Gewinn konnten verhindern, dass ihn die Panik von der Bühne holte.
Mit großer Wucht und unabsehbaren Folgen trifft diese heimtückische Krankheit laut fachärztlicher Statistik rund zehn Millionen Menschen in Deutschland. Angststörungen sind von Kassen und Ärzteverbänden erst seit wenigen Jahren als eigenständige Krankheit anerkannt. Angstkranke sind immer noch schlecht versorgt und müssen oft lange Wartezeiten auf sich nehmen, weil Therapieplätze fehlen. Seit zwölf Jahren, seit dem Tod seiner Mutter, leidet Müller unter der Krankheit. Monatelange Klinikaufenthalte, Psychopharmaka und vor allem jahrelange Therapien waren nötig, um ihn wieder lebenstüchtig zu machen. Gesprächstherapien, Verhaltenstherapien, tiefenpsychologisch basierte Therapien: Er hat sie mitgemacht und plädiert dafür, Therapieplätze auszubauen, um angstgestörte Menschen schneller in Behandlung zu bringen. Mittlerweile ist der Sänger wieder in der Lage, eine zweite Karriere mit seiner neuen Band "Von Brücken“ starten zu können; dank guter Freunde, die auch dann noch zu ihm hielten, als seine Krankheit und er ziemlich schwierig waren.
Der zweite Fall, den der Film von Broka Herrmann vorstellt, schildert das Schicksal von Jeanette H., Ende vierzig, die es seit Jahren allein nicht mehr aus dem Haus schafft. Gartenarbeit, mit den Hunden raus, einkaufen oder zur Therapie: Ohne ihren Ehemann geht gar nichts. Selbst während des einstündigen Besuchs beim Psychologen muss sie sicher sein, dass ihr Mann vor der Tür wartet, sonst gerät sie in Panik. Eine Einladung ihrer Tochter ins Wellness-Bad wird zum Drama: Klaustrophobie und ständige Fluchtgedanken machen ihr den Aufenthalt unmöglich. Selbst ein Besuch beim Friseur wird zur Qual. Jeanette leidet an einer generalisierten Angststörung.
Dritte Betroffene ist Petra A. Ihr Lebensraum ist auf die Größe ihrer Wohnung geschrumpft, die sie seit Jahren nicht mehr allein verlassen kann. Selbst in Begleitung ihrer Kinder oder ihres Ehemanns schafft sie es oft nicht weiter als hundert Meter. Autolärm, Menschen auf der Straße oder im Supermarkt machen ihr Angst. Sie reagiert mit Herzrasen, Atemnot, hohem Puls und Schwindel. Mit einem Wort: Panik. Es ist eine immer gleiche Abfolge, die sie seit Jahren kennt und gegen die sie trotzdem kaum ankommt. Ihr Therapeut rät, sich mit der Angst zu konfrontieren und zu lernen, dass man solche Situationen durchstehen kann. Herrmann begleitet die drei Menschen in ihrem Alltag und zeigt, wie hart und schwer der Kampf gegen die Krankheit ist.
18.7., ARD, 22.45 Uhr: "Sklavinnen des IS“
Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit im Nordirak. 2014 werden viele junge jesidische Frauen von den Terroristen des "Islamischen Staates“ versklavt. David Evans stellt zwei von ihnen vor. Shirin und Lewiza sind vom "IS“ verschleppt, verkauft und über Monate vergewaltigt worden. Schließlich gelang ihnen die Flucht nach Deutschland. Sie wurden in ein Rettungsprogramm aufgenommen, das Baden-Württemberg unter Leitung des Traumatologen Jan Ilhan Kizilhan 2015 ins Leben gerufen hatte. Er ist überzeugt, dass die seelischen Verletzungen der jungen Frauen nur geheilt werden können, wenn ihnen auch juristisch Gerechtigkeit widerfährt. Deshalb bringt er Shirin und Lewiza mit dem renommierten britischen Juristen Philippe Sands zusammen, einem Experten für Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Suche führt über einem Zeitraum von drei Jahren vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bis hin zur höchsten Klageinstanz der Bundesrepublik, dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Hinter dem persönlichen Genesungsweg der beiden traumatisierten jungen Frauen steht eine universelle Frage: Wie sollen demokratische Staaten mit den unmenschlichen Verbrechen des "IS“ umgehen? Der Autor fragt: Hat Europa den politischen Willen, die Drahtzieher des Islamischen Staates vor Gericht zu stellen? Wird sich der "IS“ jemals für die Verbrechen, die er im Nordirak und Syrien begangen hat, vor Gericht verantworten müssen? Seiner Ansicht nach verrät Europa mit seiner Haltung einen Teil seines rechtsstaatlichen Erbes, dessen Fundament im Nachkriegsdeutschland mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen gelegt wurde.
18.7., ZDF, 22.45 Uhr: "dunja hayali“
In ihrem Talkmagazin präsentiert Dunja Hayali Reportagen mit sozialpolitischem Zündstoff; im Studio erzählen die Gäste Geschichten mitten aus dem Leben.
Die einmal im Monat jeweils mittwochabends ausgestrahlte Sendung soll sich mit Themen befassen, die die Menschen in Deutschland bewegen; sie soll zeigen, was passiert, wenn man vom Beobachter zum Betroffenen wird. Das ZDF verspricht ein Talkmagazin, "bei dem nicht über, sondern mit den Menschen gesprochen wird. Informativ, emotional und kontrovers.“ Hayali wurde einem breiten Publikum zunächst als Sommervertretung von Maybrit Illner bekannt. Mittlerweile steht sie vor allem ein Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit; dafür wurde ihr in diesem Jahr das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
18.7., Arte, 19.40 Uhr: "Re: Schöner sterben“
Der Bestatter Eric Wrede hat eine Mission: Er will den Tod zurück ins Leben holen und neue Formen des Abschieds möglich machen. Dafür legt er sich, wenn nötig, auch mit Friedhofsverwaltungen und Krankenhäusern an. Wrede bricht Tabus und lässt die Hinterbliebenen an allen Prozessen teilhaben. Damit macht er sich nicht nur Freunde, aber die Nachfrage gibt ihm recht. Die Trauerkultur ist im Wandel. Wrede ist alternativer Bestatter und immer wieder fassungslos über den Zustand, in dem Verstorbene aus den Krankenhäusern bei ihm ankommen. Sein Appell: "Wir müssen besser mit unseren Toten umgehen und dürfen sie nicht einfach allein lassen.“
Und das ist die Mission des jungen Bestatters, der seine Zeitgenossen dazu bringen möchte, dem Tod wieder ins Auge zu sehen. Bei ihm darf jeder Angehörige bei der Totenwaschung dabei sein und sogar mit Hand anlegen, um den Abschied besser zu verkraften. Die Trauerfeier richtet Wrede nach den Wünschen seiner Kunden aus. Viele Friedhofsregeln findet er schlicht veraltet und kämpft dagegen an. Tatsächlich ist das Bedürfnis nach neuen Abschiedsritualen und einem offeneren Umgang mit dem Tod sehr weit verbreitet. Auch innerhalb der Kirchen ist etwas von dieser Dynamik zu spüren. Der evangelische Pfarrer Popp hat in Pappenheim schon über fünfzig Beisetzungen im Friedwald durchgeführt. Hier werden die Urnen in der freien Natur unter Bäumen beigesetzt, ohne Grabstein, ohne Kreuz. Lange war den Kirchen diese Vorstellung der naturnahen Bestattung ein Graus, aber Popp sieht das pragmatisch: "Der Christliche Ritus braucht neue Formen, um zu überleben.“ So ist in Europa die Kultur rund um den Tod in Bewegung geraten. Immer mehr Menschen möchten die Rituale des Abschieds und der Trauer verändern. "Re:“ begleitet zwei Männer, die auf sehr unterschiedliche Weise für das gleiche Ziel kämpfen.
18.7., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Ferien von den Sorgen“
Alle freuen sich auf den Urlaub, wollen sich erholen, entspannen oder Abenteuer erleben. Für manche Menschen ist diese Auszeit besonders wichtig. Denn ihre freie Zeit gehört denen, um die sie sich kümmern müssen: Kindern mit Behinderungen, pflegebedürftigen Angehörigen, Freunden mit Handicap. Moderator Benedikt Schregle stellt Projekte und Aktionen vor, in denen Menschen Halt finden, lachen können und Spaß haben. Ihre Sorgen spielen dann – zumindest für eine Weile – keine große Rolle.
18.7., BR, 22.00 Uhr: "DokThema: Grausames Ritual“
Genitalverstümmelung gilt als schwere Menschenrechtsverletzung. In Deutschland leben inzwischen mehr als 50.000 Betroffene, weltweit sind geschätzt 200 Millionen Frauen in ihrer Kindheit verstümmelt, beschnitten oder einfach zugenäht worden. In vielen Ländern Afrikas ist das immer noch Alltag. Fadumo Korn ist eine der wenigen Frauen, die offen darüber spricht. Sie ist vor vielen Jahren aus Somalia nach Deutschland gekommen, hat geheiratet und ein Kind bekommen. Heute versucht sie, betroffenen Mädchen, die zumeist als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, zu helfen. Über mehrere Wochen konnte ein Kamerateam Fadumo Korn und ihre Schützlinge begleiten. Der Film geht der Frage nach, ob es möglich ist, die Verletzung und das Trauma einer Genitalverstümmlung zu überwinden.
18.7., Tagesschau24, 21.17 Uhr: "Die Wunde meiner Stadt - Asli, Duisburg und die Loveparade“
Acht Jahre nach der Duisburger Loveparade: Das Trauma der Katastrophe liegt noch immer wie ein Schatten über der Stadt. Asli Sevindim hat als Moderatorin der "Aktuellen Stunde“ unzählige Male darüber berichtet, mit aller gebotenen professionellen Distanz. In dieser Doku ist Distanz nicht nötig. Sevindim kommt aus Duisburg. Sie leidet mit ihrer Stadt: weil viele Menschen "Duisburg“ unwillkürlich mit "Loveparade“ assoziieren; die Tragödie hat der Ruhrgebietsstadt zu trauriger Berühmtheit verholfen. "Aber wie gehen wir damit um?“, fragt Sevindim und gibt die Antwort selbst: Gar nicht. Die Gedenkstätte am Karl-Lehr-Tunnel sei für die Duisburger ein "Un-Ort“, sagt sie: "Da kommt keiner hin, da kommt man im Alltag auch nicht dran vorbei. Dieser Platz hat mit der Stadt und ihren Menschen nichts zu tun.“ Aber sehen andere Duisburger das auch so? Die Moderatorin trifft sich mit einigen Mitgliedern der Facebookgruppe "Dat is Duisburg“. Die 15.000 Mitglieder diskutieren alles, was Duisburg betrifft und bewegt: die Loveparade, die Arbeitslosigkeit, die Zuwanderung, der Strukturwandel. Außerdem verbringt Sevindim einen Tag beim Love-Parade-Prozess und macht sich auf die Suche nach den wenigen Interessierten, die diesen Prozess noch immer verfolgen. Der Hype ist vorbei. Erst zur Urteilsverkündung wird der Saal wieder voll sein. Und dann: Schlussstrich? Oder geht die Aufarbeitung erst dann so richtig los? Beim Traumzeitfestival im Landschaftspark Duisburg trifft die WDR-Journalistin eine Band, die es geschafft hat, die Wunde, die die Loveparade gerissen hat, tatsächlich zu heilen; zumindest für eine Person. Die Band Echo Appartment hat für Maria Vavvas einen Song geschrieben. Der Song handelt von Marias Schwester, die bei der Loveparade zu Tode kam; die "Aktuelle Stunde“ hat dieses Projekt initiiert und ausgiebig darüber berichtet. Der Song hilft Maria seitdem, mit dem Verlust umzugehen, er gibt ihr Kraft und spendet Trost.
Wenn es also im Kleinen gelingt, das Trauma zu bewältigen, wie schafft man das fürs große Ganze - also für Duisburg? Diese Frage treibt Asli Sevindim um. Auf der Suche nach Antworten kommen auch prominente Duisburger wie etwa Fritz Pleitgen zu Wort. "Die Wunde meiner Stadt“ ist eine Reise in das Duisburger Seelenleben acht Jahre nach der Katastrophe.
19.7., WDR, 23.10 Uhr: "Verlassen! Bin ich nicht mehr liebenswert?“
Verlassen zu werden ist eine der härtesten Erfahrungen im Leben, manche kommen nie darüber hinweg. Wie fühlt es sich an, wenn der Partner der gemeinsamen Zukunft das Stopp-Schild zeigt? Welche Auswirkungen hat das Verlassenwerden auf das Selbstbewusstsein? Wie geht Loslassen und wie füllt man die entstandene Lücke im Leben? Die Autorinnen Regina Milde und Julia Geyer haben zwei Menschen mit der Kamera begleitet, die die Erfahrung machen mussten, verlassen zu werden. Marion aus Hamburg möchte keinen Partner mehr, die Verletzungen waren zu groß. Karlheinz aus Alzey will dagegen nicht ausschließen, sich noch einmal neu zu verlieben.
19.7., Tagesschau24, 19.15 Uhr: "Geheimnisvolle Orte: Der Tempelberg in Jerusalem“
Nirgendwo sonst sind Religion, Geschichte und Gegenwart so dramatisch miteinander verflochten wie hier: der Tempelberg in Jerusalem, mythischer Ort der Menschheitsgeschichte, heiliger Ort für Juden, Christen und Muslime. Geliebt und umkämpft, Brennpunkt des Nahost-Konflikts. Der Tempelberg ist der wichtigste Ort des Judentums und zugleich der drittheiligste Ort für Muslime. Erbittert wird darum gestritten, wer welche Ansprüche auf diesen Ort hat. Archäologen könnten zumindest helfen, religiöse Legende von verbürgter Geschichte, historischen Fakten trennen. Sie fürchten, dass Israel aus der biblischen jüdischen Vergangenheit des Ortes politische, religiöse und territoriale Ansprüche für die Gegenwart und die Zukunft ableitet. So wird jeder Stein, jeder Zugang bewacht und kontrolliert. Das Gelände umfasst nur 14 Hektar, aber es sei der größte unbekannte antike Ort des Landes, meint der israelische Archäologe Ronny Reich. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die Al-Aqsa-Moschee und die Klagemauer, Reste jüdischer Tempel unter Schichten muslimischer Bebauung.
Simone Jung lässt in ihrem Film alle Seiten zu Wort kommen: den Großmufti von Jerusalem und den streng gläubigen orthodoxen Juden Jehuda Glick, den israelischen Archäologen Gaby Barkai und den palästinensischen Nazmi Jubeh. Sie besucht mit ihnen die heiligsten Stätten der Juden und der Muslime. Religiöse, politische und historische Deutungen prallen aufeinander. Der Berg ist nicht nur ein historisches und archäologisches Rätsel, er ist immer wieder auch ein aktueller politischer Stein des Anstoßes. Aber kommt es wirklich darauf an, wer zuerst da war? Mit dem Blick auf die Geheimnisse des Tempelbergs stellt der Film eine grundlegende historische Frage von höchster aktueller Brisanz, und das nicht nur für den Nahostkonflikt: Gibt es ein Verfallsdatum für Geschichte? Eine analytische Annäherung an einen geheimnisvollen Ort, der die ganze Welt in Atem hält.
20.7., Tagesschau24, 20.45 Uhr: "Gottesfürchtig und kinderreich"
In der niedersächsischen Stadt Cloppenburg erkennt man sie auf den ersten Blick. Babuschkas (Großmütter) mit wollenem Kopftuch, junge Frauen mit breiten offenen Gesichtern, die Haare hochgebunden und unter einem dünnen Tuch versteckt, eine große Kinderschar an der Hand. Obwohl sie seit vielen Jahren in Deutschland leben, nennen sie sich selbst Russlanddeutsche, Spätaussiedler. Viele von ihnen sind tiefgläubig, lehnen Verhütung ebenso ab wie Alkohol.
In der Pfingstgemeinde treffen sich jeden Sonntag mehrere Hundert Familien. Jeder fünfte Einwohner Cloppenburgs kommt aus einer Aussiedlerfamilie. Fast alles, was man an Dienstleistungen zum Leben braucht, Friseur, Autowerkstatt, Bauunternehmen oder Kaufhaus, wird hier auch von Russlanddeutschen angeboten. Sie gelten als fleißig, gehören aber nach wie vor für viele nicht richtig dazu. Bei Dorffesten und in den Vereinen sieht man sie selten. Rita Knobel-Ulrich geht in ihrer Reportage der Frage nach, ob diese Parallelgesellschaft mitten in Niedersachsen ein Problem oder eine Bereicherung für die Region ist.