SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz als Rohrkrepierer, eine Kanzlerin als träge Riesenschildkröte - beim Mainzer Rosenmontagsumzug werden die Mächtigen der Welt auch 2018 gnadenlos verspottet. Der Mainzer Carnevalverein (MCV) hat am Dienstag seine 13 Motivwagen vorgestellt, mit denen die schwierige Regierungssuche in Berlin und andere Aufregerthemen des vergangenen Jahres satirisch aufgespießt werden.
Die Figur von Angela Merkel (CDU) hat der langjährige Mainzer Wagenbauer Dieter Wenger als übergroßes "lebendes Fossil" in einen Schildkrötenpanzer gesteckt, wo sie "selbst die größten Katastrophen der Erdgeschichte mit stoischem Gleichmut überstanden hat". Erstmals bei einer Motivwagen-Figur sei die Schildkröten-Kanzlerin mit einem Mechanismus ausgestattet worden, so dass ihr Kopf "wie ein Wackeldackel" auf und ab wippen könne.
Auch US-Präsident Donald Trump hat dem MCV im vergangenen Jahr so viele Steilvorliegen für Satire geliefert, dass er beim Rosenmontagsumzug 2018 erneut eine zentrale Rolle spielen wird. Gleich zwei Motivwagen sind ihm gewidmet. Eine übergroße Figur stellt ihn als Golfspieler dar, der dabei ist, die ganze Welt zu ruinieren, weil er mit dem Golfschläger auf die Erdkugel zielt. Ein anderer Motivwagen nimmt Trumps Konflikt mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un aufs Korn. Als Sandkasten-Knirpse vergleichen die beiden Staatschefs die Größe ihrer aus den Windeln herausragenden Raketen.
Als Sinnbild für den Abgasskandal pinkelt eine Figur von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in einen Dieseltank, auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als Möchtegern-Napoleon und lokale Themen wie das marode Mainzer Hallenbad werden auf dem Rosenmontagszug dargestellt. Der größte MCV-Motivwagen dieser Saison macht sich über Gerhard Schröder (SPD) und dessen Engagement für den russischen Staatskonzern Rosneft lustig. Er zeigt einen zufriedenen Altkanzler, der mit Zigarre und Geldkoffer aus dem Hintern eines riesigen russischen Bären herausschaut. "Nur für den Unterbau haben wir 100 Styroporblöcke verbraucht", berichtete Wagenbauer Dieter Wenger.
Die katholische Kirche bekommt ebenfalls ihr Fett weg: Ein Motivwagen thematisiert, wie der in Mainz geborene Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller bei Papst Franziskus in Ungnade fiel. Der Papst bindet den konservativen Kirchenmann an einer Rakete fest, die er in Richtung Mainz abfeuert.
An den Wagen haben über 20 Mitarbeiter seit Wochen unter konspirativen Bedingungen gebaut. Bis zur Präsentation am Dienstag blieben alle Themen geheim. Durch den frühen Fastnachtstermin und einen schweren Brand in einer benachbarten Lagerhalle sei der Zeitplan in diesem Jahr nur mit Mühe einzuhalten gewesen, berichtete Wenger.
Mainz zählt neben Köln und Düsseldorf zu den Fastnachtshochburgen in Deutschland. Zum Rosenmontagsumzug werden in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt rund 500.000 Zuschauer erwartet. Rund 8.800 Teilnehmer werden auf einer etwa sieben Kilometer langen Zugstrecke durch die Innenstadt marschieren. Wie in den vergangenen Jahren findet der Umzug unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen statt. Im Zentrum von Mainz werde es ein Fahrverbot für Lastwagen geben, kündigte der Mainzer Ordnungsdezernent Christopher Sitte (FDP) an.