Der Prozess gegen insgesamt 17 Mitarbeiter von "Cumhuriyet" geht voraussichtlich am 11. September weiter. Den Angeklagten drohen über 40 Jahre Haft wegen angeblicher Unterstützung von Terrorgruppen.
Die Europaabgeordnete Rebecca Harms (Grüne) sprach von einem Schauprozess. Der Wittenberger EU-Abgeordnete Arne Lietz (SPD), der wie Harms als Prozessbeobachter in Istanbul war, forderte nicht nur die Freilassung von Journalisten, sondern auch ihren Freispruch.
Unabhängige Stimmen zum Schweigen bringen
Der Karikaturist Musa Kart, der auf freien Fuß gesetzt wurde, sagte der Deutschen Welle nach 271 Tagen in Haft: "Wir wurden von den Menschen, die wir lieben, unseren Verwandten und unserer Arbeit ferngehalten." Seine Freilassung sei aber kein wirklicher Anlass zur Freude: "Leider sind noch vier unserer Freunde hinter Gittern."
"Reporter ohne Grenzen" erklärte, trotz der Freilassung sei der Prozess an Absurdität und Willkür kaum zu überbieten. Journalisten, die nur ihre Arbeit gemacht hätten, würden wie Terroristen behandelt. "Mit dem Verfahren will die türkische Justiz die wenigen noch verbliebenen unabhängigen Stimmen im Land zum Schweigen bringen", sagte Geschäftsführer Christian Mihr. Er fügte hinzu: "Alle Cumhuriyet-Mitarbeiter müssen freigesprochen und zusammen mit den über 160 in der Türkei inhaftierten Journalisten freigelassen werden."
In der Anklage wird den Journalisten und Mitarbeitern der Tageszeitung unter anderem vorgeworfen, die Bewegung des im Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu unterstützen. Zu Beginn des Prozesses am Montag hätten Angeklagte die Vorwürfe bereits zurückgewiesen, sagte Lietz dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Weiter in Haft bleiben Chefredakteur Murat Sabuncu, Herausgeber Akin Atalay sowie die Journalisten Ahmet Sik und Kadri Gürsel. Angeklagt ist auch der inzwischen in Deutschland lebende ehemalige "Cumhuriyet"-Chefredakteur Can Dündar.