Helmut Kohls letzte Reise - Bewegende Worte beim EU-Trauerakt in Straßburg

Foto: epd/Uwe Anspach
Helmut Kohls letzte Reise - Bewegende Worte beim EU-Trauerakt in Straßburg
Mit persönlichen Erinnerungen und der Würdigung seines historischen Vermächtnisses nahmen Spitzenpolitiker und Weggefährten aus aller Welt beim rund zweistündigen Trauerakt im Europaparlament in Straßburg am Mittag Abschied von Helmut Kohl.

In der Luft, zu Lande und auf dem Wasser: Der verstorbene Altbundeskanzler Helmut Kohl am Samstag hat seine letze Reise angetreten. Nach dem europäischen Trauerakt in Straßburg, einer Premiere in der Geschichte der Europäischen Union, wurde der Sarg mit dem Leichnam Kohls von einem Hubschrauber nach Ludwigshafen geflogen. Dort fuhr der Trauerkonvoi durch die Innenstadt, bevor der Sarg an Bord der "MS Mainz" rund fünf Kilometer über den Rhein nach Speyer gebracht wurde.

Für den frühen Abend waren in Speyer ein Pontifikalrequiem im Dom und ein militärisches Ehrengeleit vorgesehen. Anschließend sollte der Leichnam Kohls im engsten Kreis auf dem Friedhof neben der Speyerer Friedenskirche St. Bernhard beigesetzt werden.



Mit persönlichen Erinnerungen und der Würdigung seines historischen Vermächtnisses nahmen Spitzenpolitiker und Weggefährten aus aller Welt beim rund zweistündigen Trauerakt im Europaparlament in Straßburg am Mittag Abschied von Helmut Kohl. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ex-US-Präsident Bill Clinton und andere erinnerten an den verstorbenen Altbundeskanzler als großen Staatsmann, der entschlossen für die deutsche Einheit gekämpft und zugleich für ein europäisches Deutschland anstelle eines deutschen Europas gearbeitet habe.

Juncker ging wie andere Redner auf Kohls große Fähigkeit ein, starke persönliche Beziehungen mit Politikern anderer Länder aufzubauen. Kohl habe deshalb erfolgreich für die deutsche Wiedervereinigung werben können, weil er glaubwürdig für ein europäisches Deutschland eingetreten sei, sagte Juncker bei seiner Rede vor dem mit einer Europaflagge bedeckten Sarg.

Merkel unterdrückte sichtlich Tränen

Auch Merkel verband in ihrer Rede in Anwesenheit der Witwe Maike Kohl-Richter und zahlreicher Staats- und Regierungschefs Deutschland und Europa. "Das wird für immer die alles überragende, einmalige, historische Leistung Helmut Kohls bleiben: Gemeinsam mit seinen Partnern bettete er die deutsche Einheit in die europäische Einigung ein", sagte Merkel. "Ein Werk des Friedens, ein Werk der Freiheit und ein Werk der Einheit", fügte sie hinzu.

Merkel äußerte sich auch sehr persönlich. "So manche Geister schieden sich an ihm", sagte die CDU-Vorsitzende, deren politischen Aufstieg Kohl einst gefördert hatte, bevor sie sich im Zuge der CDU-Spendenaffäre überwarfen. "Auch ich kann davon erzählen, doch all das tritt zurück hinter seinem Lebenswerk." Die in der früheren DDR aufgewachsene Politikerin richtete zuletzt ihren Dank an den Verstorbenen und unterdrückte dabei sichtlich ihre Tränen: "Lieber Bundeskanzler Helmut Kohl, dass ich hier stehe, daran haben Sie entscheidenden Anteil."

Medwedew: Beste Beziehungen zwischen Deutschland und Russland

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erinnerte an Kohls enge Beziehung zum damaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterand. Beide hätten "die tragischen Erfahrungen ihrer Generation nicht vergessen" und erreicht, "dass Völker, die sich einst bekämpft haben, Völker sind, die in Freundschaft verbunden sind", urteilte Macron in Straßburg.

Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton sagte, das 21. Jahrhundert habe mit Helmut Kohl begonnen. Der Altbundeskanzler habe eine Welt schaffen wollen, in der niemand dominiert. Kohl habe erkannt, dass das "Krebsgeschwür" des Jahrhunderts aus der Einsicht resultierte, dass Dominanz besser als Zusammenarbeit sei, unterstrich Clinton, der seine Abschiedsworte zu Tränen gerührt vortrug. "Ich habe ihn geliebt", sagte er.

Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew sagte, Kohl habe persönlich dafür gesorgt, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland zu den besten in der gemeinsamen Geschichte gehörten. Sein Land gedenke Kohl "wie eines großen Freundes".