Im Neuen Testament finden sich nur wenige Hinweise zum Ort der Kreuzigung und Grablegung Jesu. Was man weiß: Die Kreuzigung geschah außerhalb der Stadtmauern, an einer Stelle mit dem Namen "Golgota" (Schädelhöhe) und in der Nähe eines Gartens (Mk 15,22-41; Mt 27,33; Joh 19,17). Ob die Grabeskirche im Christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt sich genau dort befindet, wo Kreuzigung und Grablegung Jesu stattgefunden haben, ist folglich umstritten. Von den möglichen Orten für Golgota und das Grab Jesu ist jener der Grabeskirche der überzeugendste. Die Grabeskirche liegt heute zwar innerhalb der Altstadtmauern, doch konnten archäologische Untersuchungen beweisen, dass der Golgota-Felsen sich in der Antike als Teil eines Steinbruchs außerhalb der damaligen Stadtmauern befand.
Dort hat bereits Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert eine Auferstehungskirche erbaut. Zur Zeit Kaiser Hadrians befanden sich auf dem Steinbruchgelände das Forum der Stadt sowie ein Heiligtum. Als Konstantin diesen Tempel abtragen ließ, fand er die Grabanlage, deren Reste sich bis heute unter der Grabeskirche befinden. Um die Entdeckung des Kreuzes Jesu ranken sich verschiedene Legenden. So soll Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, das Kreuz in Jerusalem aufgefunden haben.
Eine bewegte Geschichte
Im Jahr 614 wurde die Grabeskirche durch die Perser beschädigt. Christliche Kreise am Perserhof veranlassten aber ihre Renovierung. Unter dem Kalifen al-Hakim wurde die Kirche im Jahr 1009 zerstört und 1042 wiederaufgebaut. Nach der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer im 12. Jh. wurde die Grabeskirche zum letzten Mal umgestaltet. Zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert war die Grabeskirche schwer zugänglich. Nur mit Mühe konnte sie vor dem Zerfall bewahrt werden.
Im 17. Jahrhundert begann der Kampf christlicher Konfessionen um ihre Anteile in der Grabeskirche und es manifestierten sich die Verhältnisse wie sie bis heute bestehen. Eine notwendige Restaurierung gestaltete sich wegen der daraus folgenden Konflikte schwierig bis unmöglich. Als positives ökumenisches Zeichen ist daher die Renovierung der Grabeskapelle Anfang 2017 zu werten: Am 22. März segneten die Patriarchen der Griechischen Orthodoxen und der Armenisch-Apostolischen Kirche gemeinsam mit dem Franziskanerkustos in Anwesenheit des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., die Grabeskapelle ein.
Ein "Gartengrab" und abstruse Theorien
Ein zwar besinnlicher, aber als Grab Jesu historisch nicht haltbarer Ort, ist das Gartengrab. Der Name "Gartengrab" spielt auf die Grablegung Jesu nach Joh 19,41f an. Ein Felsgrab mit zwei Kammern gab es an der Stelle schon im 7. oder 6. Jahrhundert v. Chr. Für das 5. Jh. n. Chr. ist eine Grabanlage bezeugt, die zu einem Kloster gehörte. Die Kreuzfahrer nutzen die Grabhöhle als Keller oder Speicher. Nach und nach wuchsen dort Gärten.
Das Gartengrab liegt nördlich des Damaskustors. Sein ursprünglicher Name war "Gordon’s tomb", nach dem britischen Generalmajor Charles George Gordon, der eine kurze Zeit in Palästina lebte. Durch seine völlig skurrile und nicht nachvollziehbare Bibelauslegung entwickelte er eine neue Golgota- und Grab-Jesu-Theorie. So zeichnete er eine abstruse Skizze der "menschlichen Gestalt Jerusalems" mit heiligen und unheiligen Orten, nach der sich der "Schädel" (Golgota) nördlich des Damaskustors befand, das Hinterteil im Bereich von Felsendom und Klagemauer.
Das neue Grab Jesu außerhalb der Altstadt wurde schnell zu einem Anlaufpunkt und Wallfahrtsort für amerikanische Pilger. Nachdem in der benachbarten Stephansbasilika eine Grabplatte gefunden worden war, stellte sich die anglikanische Kirche hinter die Theorie des neuen Heiliggrabes. Aus "Gordon’s tomb" wurde mit der Zeit "The Garden Tomb". Im Jahr 1924 schlug die Entdeckung eines "Heiligtum-Steines" medial große Wellen. Das zum "Fragment eines Votivheiligtums der Venus" gehypte Stück war in Wirklichkeit nur ein 15 Jahre altes Abfallprodukt eines dänischen Steinhauers, der einige Zeit Wärter am Gartengrab gewesen war. Ein Jahr später bereitete der Dominikaner L.-H. Vincent mit einem Artikel der archäologischen Farce ihr wissenschaftliches Ende. Seither wurden keine ernsthaften Versuche mehr unternommen, das Gartengrab als historischen Ort des Grabes Jesu zu beweisen. Von dem Rummel um das Gartengrab ist heute nichts anderes übriggeblieben als ein ruhiger Ort für Meditation und Gebet.