Pro und Contra: Ausbildungsgarantie

Pro und Contra: Ausbildungsgarantie
Viele Schulabgänger finden nicht sofort eine Lehrstelle. Eine Ausbildungsgarantie würde helfen, mehr Angebote zu schaffen, sagen die Gewerkschaften. Die Arbeitgeber warnen vor einer Anspruchshaltung der Jugendlichen.

Frankfurt a. M. (epd). Eine gesetzliche Ausbildungsgarantie, wie sie nicht nur die Gewerkschaften, sondern etwa auch die Grünen fordern, setzt darauf, dass jedem ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Ausbildungsplatz zugeteilt werden kann - idealerweise im fortbestehenden dualen System. Die Arbeitgeber verweisen darauf, dass in den letzten Jahren viele Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben sind. Ein Pro und Contra vor Beginn des Lehrjahrs am 1. August.

PRO

"Die Ausbildungsgarantie gehört ganz nach oben auf die politische Agenda", sagt Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Sie verweist auf erschreckende Zahlen: "Rund 270.000 Jugendliche befinden sich zurzeit in den zahllosen Maßnahmen im Übergang von der Schule in Ausbildung, in aller Regel ohne Aussicht auf eine abgeschlossene Ausbildung." Damit müsse Schluss sein: "Nur wer eine gute Ausbildung hat, wird dauerhaft gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen."

Laut Berufsbildungsbericht 2016 bekomme nicht einmal jeder zweite Hauptschüler direkt nach der Schule einen Ausbildungsplatz: "Da reichen auch die 41.000 Ausbildungsplätze nicht, die im vergangenen Jahr offen geblieben sind", betonte die Gewerkschafterin. Auch müssten wieder mehr Firmen Nachwuchs ausbilden. Derzeit bilden nach ihren Angaben nur sieben Prozent aller Betriebe aus.

Und dennoch sei ausschließlich mit betrieblichen Ausbildungsplätzen der Bedarf kaum zu decken, sagt Hannack. In Regionen mit einem problematischen Ausbildungsmarkt müssten benachteilige Jugendlichen die Chance bekommen, über eine außerbetriebliche Ausbildung einen vollwertigen Berufsabschluss zu erlangen: "Diese Ausbildung soll noch enger mit den Betrieben verzahnt werden."

CONTRA

Mit einer dualen Berufsausbildung hätten junge Menschen beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt, findet Gerhard F. Braun, Vizepräsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Deshalb setze die Wirtschaft alles daran, möglichst vielen Jugendlichen diese Qualifikation zu ermöglichen. "Eine Ausbildungsgarantie ist jedoch der falsche Weg", sagt der Arbeitgebervertreter. Sie verleite die Stellensucher zu Passivität und leiste einer Anspruchshaltung Vorschub. Zudem habe dieses Konzept keine Antwort auf die Frage der oft fehlenden Ausbildungsreife von Schulabgängern. Ein Problem, auf das die Unternehmen seit Jahren regelmäßig hinweisen und die Schulen in die Pflicht nehmen.

Der Begriff suggeriere zudem, dass es kein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen gebe. "Das ist aber falsch: Im September 2015 blieben in Deutschland rund 41.000 Ausbildungsplätze unbesetzt", erläutert Braun. Das achte Jahr in Folge habe es mehr unbesetzte Ausbildungsplätze als unvermittelte Bewerber gegeben.

Dass Ausbildungsplatzbewerber keine Lehrstelle finden, liegt seiner Ansicht vor allem an der fehlenden Mobilität der Jugendlichen. "Von Ausbildungsanfängern kann erwartet werden, dass sie eine Vielzahl von Berufsoptionen in Betracht ziehen und räumlich flexibel sind." Auch ein Berliner könne in Baden-Württemberg eine Lehrstelle annehmen – und umgekehrt.

Eine Garantie auf eine Ausbildung im Wunschberuf führe erst recht in die Irre, betont Braun. Weil etwa ein Viertel der neu abgeschlossenen Lehrverträge sich auf die fünf häufigsten Ausbildungsberufe konzentrierten, sei Vorsicht geboten: "Damit würde sich das ohnehin schmale Berufswahlspektrum junger Menschen weiter verengen."

Wichtig sei aber auch, leistungsschwächeren Jugendlichen auf dem Weg zum Ausbildungsabschluss gezielt zu helfen, wie das in der "Allianz für Aus- und Weiterbildung" bereits in Ansätzen geschieht. Braun lobt den Ausbau der "Assistierten Ausbildung", bei der Jugendliche mit Handicap während der Lehre unterstützt werden: "Völlig zu Recht stehen ausbildungsbegleitende Hilfen jetzt allen jungen Menschen zur Verfügung, die diese benötigen."