Europaparlament billigt neuen EU-Grenzschutz

Europaparlament billigt neuen EU-Grenzschutz
Immer wieder hat die EU in der Flüchtlingskrise Kritik auf sich gezogen. Der neue Grenzschutz gilt als Prestigeprojekt: Mit ihm will die Union Handlungsfähigkeit beweisen. Jetzt hat das Europaparlament das Projekt bejaht.

Brüssel (epd). Das Europaparlament hat dem neuen EU-Grenz- und Küstenschutz grünes Licht gegeben. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Straßburg mit großer Mehrheit für das Vorhaben, das eine Kerntruppe von 1.500 Einsatzkräften vorsieht, 225 davon aus Deutschland. Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise soll der Grenz- und Küstenschutz mehr Befugnisse haben als die bisherige Agentur Frontex.

Angesichts "erhöhter Unsicherheit und vergrößerter Migrationsströme" sei der neue Grenzschutz von größter Wichtigkeit, lobte der für das Thema federführende Abgeordnete, der lettische Christdemokrat Artis Pabriks. Die Truppe werde "mit dem nötigen modernen Material ausgerüstet sein, zum Start vielleicht mit Nachtsichtgeräten und am Ende mit Flugzeugen und Schiffen, wenn das gebraucht wird", sagte Pabriks am Dienstagabend vor der Abstimmung.

"Integriertes Grenzmanagement"

Ziel der neuen Agentur ist ein "integriertes Grenzmanagement". Darunter versteht die EU nicht nur Grenzkontrollen, sondern auch Rückführungen von Migranten in ihre Herkunftsländer und Risikoanalysen. Die Agentur soll auch bei der Rettung von Schiffbrüchigen helfen. Das Vorhaben "beweist, dass die EU, ihre Institutionen und ihre Mitgliedstaaten Resultate liefern können", sagte der Sozialdemokrat Péter Niedermüller aus Ungarn.

Tatsächlich war die Gesetzgebungsarbeit für ein EU-Vorhaben dieser Größe schnell vorangekommen. Erst im Dezember hatte die EU-Kommission ihren Vorschlag vorgelegt. Die jetzige Frontex-Agentur unterstützt schon seit zehn Jahren die nationalen Grenzschützer. Allerdings haben sich Mandat und Ressourcen aus Sicht der EU als zu schwach erwiesen.

Knackpunkt in den Verhandlungen war, inwieweit die Agentur auch gegen den Willen eines einzelnen EU-Landes agieren darf, wenn dieses seine Grenzen wirklich oder vermeintlich zu ungeschützt lässt. Hintergrund der Diskussion war vor allem die Lage in Griechenland. Die Regierung in Athen schütze die Grenzen zur Türkei nicht ausreichend; dadurch würden zu viele Migranten in die EU gelangen, die sich dann auf den Weg in andere EU-Länder machten, lautete die Kritik.

Kritik von Linken und Grünen

Nach dem neuen Gesetz kann ein Einsatz des Grenzschutzes auch gegen den Willen des betreffenden Landes beschlossen werden. Allerdings kann dieses nicht gezwungen werden, die Grenzschützer auch tatsächlich arbeiten zu lassen - so weit wollte die EU die Souveränität ihrer Mitglieder nicht beschneiden. Allerdings haben die übrigen Mitgliedstaaten ein starkes Druckmittel erhalten. Wehrt sich ein Staat gegen den Einsatz der EU-Truppe, dürfen die anderen EU-Mitglieder ihrerseits die Grenzen gegenüber diesem Staat dichtmachen.

Kritik am neuen Grenzschutz kam unter anderem von den Linken. Ziel der Organisation sei in Wirklichkeit, Flüchtlinge "zurück unter die Bomben und in den Stacheldraht" zu deportieren, sagte die spanische Abgeordnete Marina Albiol Guzmán. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Ska Keller beklagte, der neue Grenzschutz helfe nicht gegen den Mangel an Solidarität und politischem Willen in den Mitgliedstaaten. "Bringt er etwas für eine bessere Unterbringung, für mehr Asyl-Beamte, schnellere Prozeduren, medizinische Versorgung? Hilft er überhaupt, um die Gründe anzugehen, aus denen Menschen flüchten müssen? Nein, das tut er nicht", ergänzte Keller.