Berlin (epd). Der Abschlussbericht der Kommission zur Suche nach einem Atommüll-Endlager ist bereits vor seiner offiziellen Veröffentlichung heiß umstritten. Am Montag veröffentlichte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sein Sondervotum, in dem er beklagt, dass bis zum Ende unklar geblieben ist, für wie viel strahlenden Abfall ein Lager gesucht wird, und dass Gorleben weiter als Standort im Rennen ist. CDU-Bundestagsabgeordnete warben indes für den Kompromiss der 34-köpfigen Kommission, die am Dienstag ihren Bericht an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben will. Das Ergebnis sei ein großer Erfolg, sagte der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion, Steffen Kanitz (CDU), am Montag in Berlin.
Gorleben bleibt weiterhin im Gespräch
Die Unionspolitiker, darunter auch die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, Marie-Luise Dött (CDU), mahnten, die Empfehlungen der Kommission rasch umzusetzen. "Dieses Jahr 2016 ist aus unserer Sicht das entscheidende für die Bewältigung der Hinterlassenschaften der Kernenergie", sagte Kanitz. Die Endlagersuche solle in dieser Generation abgeschlossen und nicht der nächsten aufgebürdet werden, appellierte Dött.
Die Endlager-Kommission, der 16 Experten aus Wissenschaft und Gesellschaft, 16 Politiker aus Bund und Ländern sowie zwei Vorsitzende angehörten, hatte den Auftrag, Kriterien für einen Standort zu entwickeln, an dem vor allem der hoch radioaktive Abfall aus der atomaren Stromerzeugung für eine Million Jahre gelagert werden kann. Unter Einbindung der Öffentlichkeit sollte sie einen möglichst breiten Konsens erzielen. Bereits jetzt ist bekannt, dass sich der Abschlussbericht für eine Lagerung in einem Bergwerk aussprechen wird. Möglich ist demnach ein Endlager in Salz-, Ton-, oder Granitgestein. Auch der umstrittene Standort Gorleben bleibt damit weiterhin im Verfahren.
Eckard Pols (CDU), Abgeordneter aus dem betroffenen Wahlkreis Lüchow-Dannenberg/Lüneberg, verteidigte diesen Beschluss. Er verwies auf die berühmte "weiße Landkarte", die die Kommission zur Grundlage hatte. Das Gremium sollte weder konkrete Standorte empfehlen, noch Regionen ausschließen. Gorleben halte man nach wie vor für erkundungswürdig, sagte Pols.
Auch in anderen Regionen sorgt der Abschlussbericht derweil bereits für Widerspruch. Bayern und Sachsen haben Kanitz zufolge Sondervoten abgegeben. Das bayerische Votum wird verstanden als Botschaft, ein Endlager im Freistaat von vornherein auszuschließen. Im Kern geht es dort um die Lagerung im Kristallingestein - also Granit. Bayern argumentiert, seine Gesteine böten nicht die notwendigen Voraussetzungen.
Erheblich mehr Müll
Kanitz verwies ebenfalls auf Schwierigkeiten, einen geeigneten Kristallinblock zu finden, der entweder dick genug ist oder eine zusätzliche Schicht aus Salz oder Ton zur Sicherheit bietet. Aus Sicht seiner Fraktion sei es wahrscheinlich, dass kein Endlagerstandort im Kristallin gefunden wird. Im Sinne der "weißen Landkarte" müsse aber auch dort gesucht werden, sagte Kanitz. Dazu bekenne sich auch Bayern.
Weitere Sondervoten zum Abschlussbericht gibt es nach seinen Angaben vom Bauingenieur und Kommissionsmitglied Wolfram Kudla, dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Linken-Abgeordneten Hubertus Zdebel. Die Endlager-Suchkommission sei ein Anfang auf dem Weg zu einem Atommüll-Endlager gewesen, "mehr nicht", sagte der BUND-Vize-Vorsitzende Klaus Brunsmeier.
Er bemängelt "gravierende Mängel und falsche Weichenstellungen" in den Empfehlungen. Unter anderem kritisiert Brunsmeier, dass der Abschlussbericht empfehle, in ein Endlager auch den schwach und mittel radioaktiven Müll zu integrieren, ohne dafür geeignete Kriterien vorzuschlagen. Es ginge dann um erheblich mehr Müll: Die Menge hoch radioaktiven Abfalls in Deutschland beträgt 30.000 Kubikmeter. Die Menge schwach und mittel radioaktivem Mülls ist zehnmal so groß.