Berlin, Hannover (epd). Der Abschlussbericht der Atommüll-Endlager-Kommission ist von Politikern, Kirchen und beteiligten Umweltverbänden überwiegend als Erfolg bewertet worden. Atomkraftgegner äußerten jedoch auch scharfe Kritik an dem rund 600 Seiten starken Report. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sagte, mehr als zwei Jahre harter Arbeit hätten sich gelohnt: "Ich glaube, dass wir eine sehr gute Grundlage für eine ergebnisoffene und wissenschaftsbasierte Suche haben nach dem Ort mit der bestmöglichen Sicherheit für eine Million Jahre." Die vom Bundestag eingesetzte Kommission hatte sich in der Nacht zum Dienstag in Berlin auf zahlreiche Kriterien und Empfehlungen zur Endlagersuche geeinigt.
Schleswig-Hosteins Umweltminister erleichtert
Auch Schleswig-Hosteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich erleichtert über den Kompromiss, den die Kommission nach 13-stündigen zähen Verhandlungen erzielt habe: "Es wurden echt noch ein paar dicke Brocken weggeräumt. Viele mussten immer wieder über ihre Schatten springen." Allen sei jedoch bewusst gewesen, dass es um so etwas wie eine "nationale Versöhnung" gehe. Beide Minister sind Mitglieder der Kommission.
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister bezeichnete den Bericht als "Riesenergebnis". Es sei bemerkenswert, dass es gelungen sei, über fast alle Interessengruppen hinweg einen Konsens zu erreichen. Der evangelische Bischof gehörte zu den 16 stimmberechtigten Mitgliedern der Kommission. Wichtig sei, dass die Herausforderung der Endlagersuche nicht allein wissenschaftlich-technisch angegangen werde, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd) : "Diese Herausforderung muss in Zukunft von der ganzen Gesellschaft getragen werden."
BUND verweigert Zustimmung
Die Mitglieder der Kommission beschlossen den Bericht mit großer Mehrheit. Lediglich der Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) verweigerte dem Text seine Zustimmung. Die 32-köpfige Kommission war beauftragt worden, Kriterien für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll festzulegen. Nach Angaben des Bundestages plädiert die Kommission für ein Bergwerk und schließt dabei keines der bisher genannten Gesteine Salz, Ton und Granit aus. Damit bleibt auch der umstrittene Salzstock Gorleben im Wendland als Standort weiter möglich.
Wenzel sagte, Gorleben aus der Suche vorab auszuschließen, sei den anderen Bundesländern nicht zu vermitteln gewesen. Aus niedersächsischer Sicht seien die Verhandlungen einen großen Schritt vorangekommen: "Die jahrzehntelange Vorfestlegung der Atomindustrie auf den Standort Gorleben ist vom Tisch."
Bei Umweltschützern stieß der Bericht auf ein geteiltes Echo. Die in der Kommission vertretene Deutsche Umweltstiftung begrüßte das Ergebnis im Kern. Das von der Kommission erarbeite neue Suchverfahren setze auf die richtigen Schwerpunkte, sagte ihr Vorsitzender Jörg Sommer.
Der BUND kündigte dagegen ein Sondervotum an. Zwar mache der Bericht sinnvolle Vorschläge, er weise aber zentrale Mängel und Unklarheiten auf, sagte sein Kommissionsmitglied Klaus Brunsmeier in Berlin.
Scharfe Kritik aus Region um Gorleben
Scharfe Kritik kam von Atomkraftgegnern aus der Region um Gorleben. An dem Report sei "nichts wirklich neu", sagte Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Die Kommission habe die Sicherheitskriterien für ein Endlager "wieder einmal so hingebogen, dass Gorleben im Spiel bleibt".
Die Kommission kommt am nächsten Dienstag zu ihrer letzten Sitzung zusammen. Dann soll der Bericht an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auf der Grundlage der erarbeiteten Kriterien muss dann die Politik einen geeigneten Ort suchen. Das Endlager soll nach Auffassung der Bundesregierung ab 2050 betriebsbereit sein.