Berlin (epd) Ein Bündnis aus Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden will mit einer breit angelegten Kampagne das deutsche Mehrwegsystem retten und ausbauen. Die Deutsche Umwelthilfe startete dazu am Dienstag in Berlin gemeinsam mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten sowie Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden eine Neuauflage der Informationskampagne "Mehrweg ist Klimaschutz". Ziel sei, dass Kunden beim Einkauf bewusst zu umweltfreundlichen Mehrwegflaschen greifen und auf ressourcenverschwendende Getränkedosen und Einwegplastikflaschen verzichten.
Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg
An der Informationskampagne beteiligen sich den Angaben zufolge zudem mehr als 5.000 Getränkehändler. Rund die Hälfte aller Verbraucher könne Mehrweg- nicht von Einweggetränkeverpackungen unterscheiden, hieß es. Viele Kunden säßen dem Irrglauben auf, dass Pfandflaschen automatisch zum Mehrwegsystem gehörten. Das graue Piktogramm, das eine Flasche und eine Dose mit einem grauen Pfeil darstelle, sei jedoch das Zeichen für eine Einwegflasche, die im Laden einfach nur zurückgenommen und zerknüllt werde.
Für die Verbraucher sei es jedoch wichtig zu wissen, was sie kaufen, sagte der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Reusch. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) müsse daher endlich eine Vorschrift zur Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg auf dem Produkt einführen, forderte die Umwelthilfe. Der Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Deutschland, Roland Demleitner, ergänzte, auch eine Sonderabgabe von bis zu 20 Cent für ökologisch nicht wertvolle Verpackungen sei denkbar. Bei so einer Maßnahme sei es wahrscheinlich, dass Verbraucher eher zur Mehrwegflasche griffen.
Reusch erklärte, das Mehrwegsystem in Deutschland sei in den vergangenen Jahren zunehmend unter Druck geraten. Dabei entlasteten Mehrwegflaschen das Klima, schonten natürliche Ressourcen und vermieden Verpackungsmüll. Zuletzt seien jedoch große Getränkekonzerne wie Coca-Cola und Discounter weitgehend aus dem Mehrwegsystem ausgestiegen. So habe etwa Coca-Cola Deutschland nur noch die Ein-Liter-Flasche im Mehrwegsystem belassen.
Vielfältiges Mehrwegsystem
Der verstärkte Vertrieb von Einwegflaschen sei nicht nur eine Ressourcenverschwendung, sondern habe auch gravierende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, erklärte Claus-Harald Güster von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Durch den geplanten Umstieg von Mehrweg auf Einweg werde etwa Coca-Cola Deutschland bis 2017 mehrere tausend Arbeitsplätze abgebaut haben, weil das Mehrwegsystem arbeitsintensiver sei. Die Flaschen müssten nicht nur zurückgenommen, sondern auch gewaschen und für die erneute Befüllung begutachtet werden, erklärte Güster.
Zudem gefährde die Umstellung von Mehrweg- auf Einwegflaschen viele mittelständische Betriebe, die nicht die Kraft hätten, auf eine Einweglinie umzusteigen, um gegen Konkurrenten zu bestehen, führte Güster aus. Es gerieten damit vor allem Betriebe unter Druck, die gerade in strukturschwachen Regionen für Arbeitsplätze sorgten.
Der Deutschen Umwelthilfe zufolge verfügt Deutschland über das größte und vielfältigste Mehrwegsystem der Welt. Der jährliche Müllberg durch Plastikflaschen wird auf mehr als 17 Milliarden Plastikflaschen beziffert. Übereinandergestellt würden diese 16 Mal von der Erde bis zum Mond reichen.