Berlin (epd) Gewerkschaften und Arbeitgeber haben die Einigung der Koalitionsspitzen zur Regelung von Leiharbeit und Werkverträgen gleichermaßen begrüßt. Damit sei ein wichtiger Schritt getan, das Lohndumping in Betrieben und Verwaltungen zu bremsen, erklärte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Mittwoch in Berlin. Der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen habe zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Beschäftigten geführt. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hob hervor, dass die Koalition den Tarifpartnern genügend Spielräume lasse, in Tarifverträgen von den gesetzlichen Regelungen abzuweichen.
Drei statt sechs Monate gesperrt
Die Koalitionsspitzen hatten sich am Dienstagabend darauf verständigt, dass Leiharbeiter nicht über 18 Monate hinaus in einem Betrieb beschäftigt werden dürfen und nach neun Monaten den gleichen Lohn erhalten sollen wie die Stammbelegschaften. Außerdem dürfen sie nicht als Streikbrecher eingesetzt werden. Abweichungen soll es aber geben können, wenn sich die Tarifpartner darauf verständigen. Das gilt sowohl für die Dauer der Beschäftigung wie auch für die Lohnhöhe. Die Union setzte durch, dass Leiharbeiter nur drei statt der geplanten sechs Monate gesperrt bleiben, bevor sie wieder im selben Betrieb beschäftigt werden dürfen.
Grundlage der Beschlüsse ist ein Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), der monatelang auf Eis gelegen hatte, weil vorrangig die CSU noch Änderungen forderte. Mit der Einigung der Koalitionsspitzen wurde auch der Weg frei für die Einführung einer Flexi-Rente, auf die sich Union und SPD schon Ende vergangenen Jahres verständigt hatten. Beide Gesetzesvorhaben sollen nun zügig ins Kabinett eingebracht werden.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bezeichnete die Ergebnisse des Koalitionsgipfels als "Durchbruch". Es werde klare Regelungen geben, die die Rechte der Leiharbeiter stärkten. Das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" werde umgesetzt. Schlupflöcher würden nicht zugelassen, sagte sie nach dem Treffen. Zum ersten Mal werde auch der Missbrauch von Werkverträgen eingedämmt.
Die Opposition kritisierte die Einigung der Koalitionäre. Grüne und Linksfraktion erklärten übereinstimmend, insbesondere der gleiche Lohn für Leiharbeiter nach neun Monaten laufe ins Leere, weil die die Hälfte der Zeitarbeitsverhältnisse nur drei Monate dauere.
Die IG-Metall begrüßte die Einigung, verwies aber darauf, dass die Regelungen zu Werkverträgen noch nicht ausreichten, um Missbrauch gänzlich zu verhindern. Sie werde weiter gegen die oft skandalösen Arbeitsbedingungen in Werkvertragsunternehmen kämpfen, erklärte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann.
Längeres Arbeiten wird belohnt
Mit der Flexi-Rente will die Koalition Arbeitnehmern und Arbeitgebern flexiblere Übergänge vom Arbeitsleben in die Rente eröffnen. Rentner die noch im Berufsleben bleiben, sollen dadurch ihre Alterbezüge erhöhen können. Verbessert werden soll auch die Kombination einer Teilrente mit Hinzuverdiensten. Diese Möglichkeit für Arbeitnehmer, ihre Arbeit gegen Ende des Berufslebens zu reduzieren, wird kaum genutzt, weil die Regelungen zu kompliziert und finanziell nachteilig sind.
Arbeitgeber, die Arbeitnehmer im Rentenalter weiterbeschäftigen, werden von den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung befreit. Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU reklamierte die Flexi-Rente als ihren Erfolg. Damit werde längeres Arbeiten belohnt. Im Gegenzug erklärte der Renten-Experte der Grünen-Fraktion, Markus Kurth, die Flexi-Rente sei kein ernsthafter Versuch den flexiblen Rentenübergang umfassend zu regeln. Insbesondere Beschäftigte mit belastenden Berufen benötigen vor dem 63. Lebensjahr Ausstiegsmöglichkeiten, ohne dem Risiko der Altersarmut ausgesetzt zu sein.