Meldungen von Christen, die sich bedrängt fühlen, "nehmen wir sehr ernst", sagte der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge am Dienstag. Nach Umfragen in den Unterkünften der eigenen Landeskirche sowie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) über die Situation in anderen Landeskirchen könne aber nicht von einer systematischen Christenfeindlichkeit gesprochen werden. Auch die EKD in Hannover und die katholische Deutsche Bischofskonferenz in Bonn wiesen die Vorwürfe zurück.
Erhoben wurden sie von christlichen Organisationen, darunter das der theologisch konservativen Deutschen Evangelischen Allianz nahe stehende Netzwerk "Open Doors". Sie hatten am Montag Ergebnisse einer eigenen Umfrage in Flüchtlingsunterkünften vorgelegt. Dokumentiert sind darin 231 Fälle, in denen christliche Flüchtlinge selbst angaben, aufgrund ihres Glaubens beleidigt, bedroht oder verletzt worden zu sein. In 86 Prozent der Fälle handelte es sich um Menschen, die zum christlichen Glauben übergetreten sind. Die Organisationen sprachen von einer systematischen Verfolgung durch vor allem muslimische Flüchtlinge und Wachdienste und warfen Politik und Kirchen vor, dies zu verharmlosen.
Keine ausreichende Datenlage
Ein EKD-Sprecher sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Rat der EKD habe bereits zu Jahresbeginn seine Besorgnis über Gewalt gegen Christen zum Ausdruck gebracht. "Grundsätzlich sind wir der Ansicht, dass allen besonders schutzbedürftigen Flüchtlingsgruppen in Unterkünften Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stehen muss", sagte er. Darunter könnten auch Christen sein, die als Minderheit in einer Flüchtlingsunterkunft leben.
Der Sprecher verwies auf die unzureichende Datenlage zu dem Thema. Auch die Deutsche Bischofskonferenz hegt Zweifel an den Schlussfolgerungen von "Open Doors". Eine Quantifizierung des Problems, wie von den Organisationen vorgenommen, halte man aufgrund der selbst vorliegenden Informationen nicht für möglich, sagte Sprecher Matthias Kopp. Einschüchterung, Diskriminierung und auch Gewalt gegenüber christlichen Bewohnern von Flüchtlingseinrichtungen seien "kein geläufiges, wohl aber ein immer wieder auftretendes Problem", das ernst genommen werden müsse.
Die Bischofskonferenz forderte eine grundsätzliche Diskussion über die Situation in Flüchtlingsunterkünften. Mit Blick auf die Lage von Christen sei es "erforderlich, die generellen Konzepte für den Betrieb dieser Einrichtungen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen", sagte Kopp. Kirchlich betriebene und kleinere Einrichtungen seien offenkundig weniger betroffen als andere. Er verwies dabei ebenfalls auf eine eigene Umfrage in den deutschen Bistümern und bei katholischen Organisationen, die Flüchtlingsunterkünfte betreiben.
Kopp kündigte zu diesem Thema Empfehlungen der deutschen Bischöfe an. Dabei würden insbesondere die Erfahrungen jener zahlreicher Einrichtungen berücksichtigt, in denen das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser und kultureller Prägung gut funktioniere. "Open Doors" hatte sich für eine nach Religionen getrennte Unterbringung ausgesprochen. Dies könne keine Lösung sein, sagte der EKD-Sprecher: "In Deutschland muss die Religionsfreiheit an jedem Ort für alle gleichermaßen gewährleistet sein und staatlich durchgesetzt werden."