Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sieht das Friedensprojekt Europas bedroht. Die Europäische Union stehe "am Scheideweg", erklärte der Rat der EKD am Samstag in Brüssel. Die freiheitlichen, sozialen, wirtschaftlichen und moralischen Errungenschaften Europas würden durch Populisten, Extremisten und den schwindenden Rückhalt in den Mitgliedsstaaten gefährdet.
"Auch das Wachsen sozialer Ungleichheiten und Spannungen und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich schaffen Enttäuschungen und gefährden den Zusammenhalt in Europa", heißt es in dem einstimmig verabschiedeten Papier des in Brüssel tagenden EKD-Rates. "Europa muss als Wertegemeinschaft deutlich erkennbar bleiben, seine sozialen Konturen schärfen und der Jugend eine Perspektive geben."
Rat fordert sichere und legale Wege für Schutzsuchende in die EU
In der Erklärung spricht sich der Rat der EKD erneut für sichere und legale Wege für Schutzsuchende und Migranten in die Europäische Union aus. "Opfer von Gewalt und Terror an Grenzzäunen mit Waffengewalt abzuwehren oder im Mittelmeer ertrinken zu lassen, beschädigt die Seele Europas." Notwendig sei die Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems mit einheitlich hohen Schutzstandards.
Am Morgen gedachten die Kirchenvertreter der Opfer der Terroranschläge vom vergangenen Monat. Der Vorsitzende des Rates, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer, legten nach einer Andacht im Europaviertel an der U-Bahnstation Maelbeek Blumen nieder und stellten eine Kerze auf. Bei den Anschlägen auf die U-Bahn und den Brüsseler Flughafen am 22. März wurden nach Behördenangaben 32 Menschen in den Tod gerissen.
Das Gedenken war Teil eines dreitägigen Besuchs des Rates in Brüssel. Auf dem Programm standen Gespräche mit EU-Spitzenpolitikern unter anderem zur Flüchtlingskrise sowie die turnusmäßige Ratssitzung. Der Rat der EKD setzt sich aus 15 Theologen und Nichttheologen zusammen. Er ist neben der Synode und der Kirchenkonferenz eines der Leitungsorgane der EKD und vertritt sie in der Öffentlichkeit, unter anderem indem er zu religiösen und gesellschaftlichen Fragen Stellung nimmt.