Bundespräsident Gauck: Für Demokratie die "Komfortzonen" verlassen

Bundespräsident Gauck: Für Demokratie die "Komfortzonen" verlassen
Bundespräsident Joachim Gauck sieht trotz zunehmender Polarisierung in der aktuellen Flüchtlingsdebatte keine Alternative zum Dialog.

Bautzen (epd) Bei einer Gesprächsrunde im ostsächsischen Bautzen sagte Gauck am Freitag, dass sich nur im demokratischen Dialog Probleme lösen ließen. Er wünsche sich, dass es deutschlandweit viel öfter gelinge, zu echten Begegnungen und auch zu echtem Meinungsstreit zu kommen. Genau das erfordere und bedeute Demokratie, nämlich die Auseinandersetzung mit dem Gegenüber, die Suche nach dem Kompromiss - "so langwierig und so mühsam sie auch sein mag", mahnte das Staatsoberhaupt bei der Diskussion unter dem Titel "Demokratie geht auch mich etwas an!"

"Argumente, nicht Hetze, Attacken oder Brandsätze"

Zuvor hatte sich Gauck in Bautzen mit Bürgermeistern aus der Region getroffen. Der Besuch des Staatsoberhauptes in Ostsachsen fand knapp drei Wochen nach dem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Bautzen statt. Bundesweite Bestürzung hatte damals ausgelöst, dass Schaulustige den vermutlich absichtlich gelegten Brand eines Hotels öffentlich bejubelten und die Löscharbeiten behinderten.

"Im Internet eine Hasstirade zu posten, ist noch keine demokratische Debatte", mahnte Gauck am Freitag in der Kreisstadt. Er fügte hinzu, das gelte auch für den "Versuch, sich allein mit Gleichgesinnten zu umgeben und so das Gefühl von Stärke, ja Mehrheit zu gewinnen". Demokratie indes verlange allen Beteiligten mehr ab: "Wir müssen unsere Komfortzonen verlassen." Nötig sei es, sich auch für Argumente zu öffnen, die zunächst fremd seien. "Wohlgemerkt: für Argumente, nicht für Hetze, Attacken auf Menschen oder Brandsätze", sagte der Bundespräsident.

Deutschland und die Europäische Union stünden aktuell vor enormen Herausforderungen, räumte das Staatsoberhaupt ein. Beim Thema Flüchtlinge sei deutlich zu spüren, dass Teile der Bevölkerung die Geduld verlören. In Sachsen werde besonders heftig gestritten. Er wolle wissen, was die Menschen vor Ort bewege, sagte Gauck bei seinem Besuch. Und ergänzte: "Ich wünsche mir, dass es uns gemeinsam gelingt, in ein Gespräch zu kommen."