München (epd) Seine Mandantin habe eingesehen, dass es ein Fehler gewesen sei, aus religiösen Gründen ihr Gesicht nicht zu zeigen, sagte der Anwalt Heinrich Karl Haarmann der "Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe). Bei der nächsten Verhandlung werde die 43-Jährige ihren Schleier ablegen.
"Vollkommen aufgelöst"
Die vollverschleierte Frau soll nach Angaben der bayerischen Justiz am 17. März in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht München aussagen. In erster Instanz hatte sie den Schleier auch auf richterliche Aufforderung nicht lüften wollen, was beim Amtsrichter auf Unverständnis stieß. In dem Verfahren steht ein Mann vor Gericht, der die Frau beleidigt haben soll. Vom Amtsgericht war der Angeklagte im November freigesprochen worden.
Eine Gerichtssprecherin sagte, der Amtsrichter habe die Glaubwürdigkeit der Frau nicht beurteilen können, weil Gesicht und Mimik nicht erkennbar gewesen seien. Dazu sei gekommen, dass ein zweiter Zeuge die angeblichen Beleidigungen des Angeklagten in Richtung der Frau ("Arschloch", "Du gehörst hier nicht her") nicht gehört haben will. Damit habe Aussage gegen Aussage gestanden. Der Richter habe daher den Angeklagten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte gegen den Freispruch Berufung ein.
Richter können der Gerichtssprecherin zufolge Zeugen wegen unangemessener Kleidung auch zu einem Ordnungsgeld verurteilen, weil sie damit ihrer Zeugenpflicht nicht nachkommen. In diesem Fall sei es aber um eine "Geldstrafe im unteren Bereich" gegangen. Der Richter habe wegen der Verhältnismäßigkeit von einer Strafe für die vollverschleierte Frau abgesehen. Anwalt Haarmann sagte, seine Mandantin sei "vollkommen aufgelöst" gewesen und in Tränen ausgebrochen, als ihr klargeworden sei, dass ihre Entscheidung solche negativen Konsequenzen haben könne.