Berlin (epd) Rund 500 Stunden haben sie diskutiert, Tausende Seiten Papier gelesen, bewertet, selbst beschrieben. Die Experten der Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe bewegen sich auf der Zielgeraden ihrer Arbeit. Im Sommer wollen sie ihr Ergebnis vorstellen: Kriterien für ein Atommüll-Endlager in Deutschland. Angesichts des Auftrags erscheinen die Hunderte Diskussionsstunden nur als Wimpernschlag der Geschichte. Das Endlager, für das die im März 2014 vom Bundestag eingesetzte Kommission Bedingungen entwickelt, soll eine Million Jahre überstehen.
Kriterium "Fehlerfreundlichkeit"
Am Donnerstag stellten die Kommissionsvorsitzenden Ursula Heinen-Esser (CDU) und Michael Müller (SPD) erste Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Demnach sind die Kriterien für ein Endlager im Grundsatz festgezurrt: Nach Auffassung der Experten soll der hochradioaktive Atommüll in jedem Fall untertage in einem Bergwerk gelagert werden. Andere Optionen wie die Lagerung im Eis oder im Meer seien verworfen worden. Auch eine dauerhafte Zwischenlagerung wäre in den Augen der Experten allenfalls die zweitbeste Lösung.
Außerdem will die Kommission, der neben Vertretern aus Bundestag und Bundesrat auch Wissenschaftler und Vertreter aus Zivilgesellschaft und Kirchen angehören, als Kriterium "Fehlerfreundlichkeit" festlegen. Sollte sich ein gefundenes Endlager am Ende doch nicht als geeignet erweisen, soll die Entscheidung rückgängig gemacht werden können. Bedingung dafür ist, dass der Atommüll auch zurückzuholen und das Bergwerk entsprechend "bergbar" ist.
Dabei stellen sich wichtige Detailfragen, für die laut Müller noch keine Lösung gefunden ist. Die Experten fragen sich, wie eine genaue Dokumentation über eine Million Jahre gesichert werden soll. Und sie stehen vor dem Problem, für eine Überwachung des Endlagers dauerhaft Daten aus dem verschlossenen Bergwerk erhalten zu müssen. Kabelübertragungen kämen dafür nicht infrage.
Intensive Bürgerbeteiligung angedacht
Konkrete Standortvorschläge wird es von der Kommission nicht geben. Ihr Auftrag beschränkt sich auf die Entwicklung der Kriterien, auf deren Grundlage die Politik bis 2031 einen Standort festlegen soll. Heinen-Esser zufolge geht die Kommission auf Grundlage ihrer Arbeit von 60 Regionen aus, die infrage kommen. Ob dazu auch das niedersächsische Gorleben gehört, das seit Jahrzehnten heftig umstritten in seiner Eignung als Atommüll-Lager ist, sagte die Bundestagsabgeordnete nicht. Gorleben sei bewusst nicht aus dem Verfahren genommen werden. Die Eignung müsse sich anhand der Kriterien bewähren.
Wichtig ist der Kommission eine intensive Bürgerbeteiligung. Laut Müller wird diese Frage derzeit noch intensiv diskutiert. Zumindest sollen die Bürger auch beim Abschlussbericht noch mitreden können. Am 21. März will die Kommission ihren Entwurf online zur Debatte stellen und sich danach noch Zeit für mögliche Änderungen nehmen. Endgültig stehen soll das Dokument Ende Juni. Für die öffentliche Vorstellung des Berichts ist der 8. Juli geplant: der letzte Tag vor der parlamentarischen Sommerpause.