Arbeitnehmerinnen verdienen im Durchschnitt ein Fünftel weniger als
männliche Kollegen

Arbeitnehmerinnen verdienen im Durchschnitt ein Fünftel weniger als männliche Kollegen
In kaum einem Land Europas sind die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern so groß wie in Deutschland.

Berlin (epd)Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums verdienen Frauen im Durchschnitt brutto 21,6 Prozent weniger als Männer. Nur in Estland (28,3 Prozent) und Österreich (22,9 Prozent) ist der Verdienstabstand noch größer. Die Zahlen stammen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt und über die am Mittwoch zuerst die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten. In Frankreich (15,3 Prozent), Großbritannien (18,3), Polen (7,7) und Italien (6,5) ist die Lohnlücke dagegen deutlich kleiner.

Unterschiedliches Berufsleben

In Deutschland dagegen bewegt sich die Lohnlücke seit Jahren unverändert um die 22 Prozent. Selbst wenn man alle Faktoren berücksichtigt, die das Berufsleben von Frauen von dem der Männer unterscheiden - wie der hohe Anteil an Teilzeitjobs, Unterbrechungen durch Kindererziehung, der geringe Anteil in Führungspositionen und der hohe Anteil im Niedriglohnsektor - verdienen Frauen bei vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeit und Berufserfahrung sieben Prozent weniger als Männer.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben), Frauen müssten die gleichen berufliche Chancen und Einkommensperspektiven wie Männer haben. Das sei eine Frage der Gerechtigkeit. Die Unternehmen sollten sich aus alten Verhaltensmustern lösen: "Frauen leisten genauso gute Arbeit wie Männer - dafür haben sie auch genauso viel Geld verdient."

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) bereitet gegenwärtig ein Lohngleichheitsgesetz vor. Es sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen ein Auskunftsrecht über die Einkommen von Männern in vergleichbarer Position erhalten sollen, um gegen eine schlechtere Bezahlung vorgehen zu können.

Den Daten des Bundesarbeitsministeriums zufolge ist die Zahl der erwerbstätigen Frauen von 2005 bis 2014 um 2,2 Millionen auf 18,6 Millionen gestiegen. Rund ein Drittel aller weiblichen Beschäftigten arbeitet aber in Teilzeit, befristeten Jobs oder Zeitarbeit. Von den Teilzeitbeschäftigten mit weniger als 20 Wochenstunden sind 85 Prozent Frauen. Sie haben auch drei Viertel der gering bezahlten Minijobs inne.

Auch Rente betroffen

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, erklärte, die meisten Frauen könnten von den niedrigen Löhnen nicht leben und keine ausreichenden Rentenansprüche aufbauen. "Was die soziale Lage von Frauen angeht, sind wir von Gleichberechtigung der Geschlechter noch weit entfernt." Frauen erhalten im Durchschnitt 550 Euro Rente, Männer rund 1.000 Euro.

Jedes Jahr im März wird am "Equal Pay Day" an die Benachteiligung von Frauen bei der Entlohnung erinnert. Im vergangenen Jahr lag er auf dem 20. März, dem Datum, bis zu dem Frauen bei einer Lohnlücke von rund 22 Prozent statistisch gesehen kostenlos arbeiten, während Männer ab dem ersten Tag des Jahres verdienen. In diesem Jahr ist der Equal Pay Day am 19. März, weil der Februar 29 Tage hatte.