Globalisierungskritiker: Nahrungs-Spekulanten töten Millionen

Globalisierungskritiker: Nahrungs-Spekulanten töten Millionen

Der Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler fordert ein Verbot von "mörderischen" Börsenspekulation auf Nahrungsmittel. Die Schweizer sollten am Sonntag bei einer Volksabstimmung für eine Ächtung der Geschäfte votieren, sagte Ziegler dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf.
26.02.2016
epd
Jan Dirk Herbermann (epd-Gespräch)

Genf (epd)

Der Genfer Soziologe (81) macht sich für die Volksinitiative stark, weil nach seiner Sicht Spekulanten die Preise für die Grundnahrungsmittel Reis, Getreide und Mais aus Profitgründen in die Höhe treiben. "Diese Halunken lassen Millionen Menschen verhungern, nur um sich die Taschen noch weiter mit Geld vollzustopfen", sagte Ziegler. Er betonte zugleich, dass Termingeschäfte zwischen Produzenten und Konsumenten von dem Spekulationsverbot ausgenommen werden sollten. Es sei legitim, wenn sich etwa ein Weizenproduzent in Argentinien und sein Geschäftspartner in Europa mit Terminkontrakten gegen Preisausschläge absicherten.

Preise verdoppelt

Ziegler führte aus, dass sich laut UN-Statistiken der Preis der Grundnahrungsmittel Reis, Getreide und Mais zwischen 2004 und 2014 verdoppelt habe. "Etwa 18 Prozentpunkte des Anstiegs gehen direkt auf die hemmungslose Spekulation zurück", erklärte der frühere UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. "Somit tragen die Spekulanten eine direkte Verantwortung für den Massenmord des Hungers."

Vor allem die mehr als eine Milliarde Menschen in den Slums der Entwicklungsländer seien der Preisexplosion schutzlos ausgeliefert, führte Ziegler aus. "Die Mütter in den Elendsvierteln von Manila, Nairobi oder São Paulo können ihren Kindern kaum Nahrung geben", sagte der Ex-Abgeordnete der Sozialdemokraten im Schweizer Parlament.

Hinter der "Initiative gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln" stehen die Sozialdemokraten, Grüne, Hilfswerke wie Heilsarmee und Bauernorganisationen. Die Regierung und Wirtschaft lehnen die Initiative ab, über die die Schweizer am Sonntag abstimmen.

Folgen des Hungers

Auf die Frage ob ein Alleingang der Schweiz eine globale Auswirkung haben könnte, entgegnete Ziegler: "Von einem Verbot in der Schweiz könnte eine Signalwirkung für andere Länder ausgehen." Er bezeichnete Genf als "Welthauptstadt" des Handels mit Agrarrohstoffen - etwa 80 Prozent der Geschäfte würden über die Stadt im Westen der Schweiz abgewickelt.

Ziegler wies darauf hin, dass auch Klimawandel, Konflikte und Protektionismus die Preise für Nahrung steigen ließen. Rund 800 Millionen Menschen haben laut dem Welternährungsprogramm nicht genug zu essen, rund neun Millionen Menschen sterben nach Schätzungen von Hilfsorganisationen pro Jahr an den Folgen des Hungers.