Gütersloh, Berlin (epd)Lehrer an deutschen Schulen wenden im Durchschnitt nur fünf von 43 Stunden Wochenarbeitszeit für den Austausch mit Kollegen und Eltern auf. Kooperation und Austausch halten Lehrer zwar in großer Mehrheit für wichtig, wie die Bertelsmann Stiftung am Donnerstag bei der Vorstellung einer aktuellen Studie erklärte. Die Zusammenarbeit sei jedoch noch nicht so intensiv wie in anderen Ländern. Im Vordergrund stehe dabei der Austausch über Unterrichtsmaterial und Schüler sowie die Arbeitsteilung unter Kollegen.
Zufriedenheit mit Beruf
Weniger verbreitet sind laut Studie komplexere Formen der Zusammenarbeit beispielsweise in fachbezogenen Teams. Weniger als ein Viertel der Lehrer unterrichte häufiger auch im Team (23 Prozent). Nur jeder zehnte Lehrer hospitiere häufiger im Unterricht anderer Lehrer (9 Prozent). Zugleich hielten 97 Prozent der befragten Lehrer kollegiale Zusammenarbeit für wichtig. Die Umfrage habe zudem überwiegende Zufriedenheit der Lehrer mit ihrem Beruf gezeigt, erklärte die Stiftung.
Je komplexer die Zusammenarbeit, desto weniger Lehrer beteiligten sich daran, hieß es. Lediglich jeder zweite Lehrer habe angegeben, gemeinsam mit Kollegen Unterrichtskonzepte oder Strategien zur Bewältigung von Problemen zu entwickeln. Besonders schwach ausgeprägt sei die Feedback-Kultur innerhalb des Lehrerkollegiums. "Ein Großteil der Lehrkräfte in Deutschland erhält keine oder nur sehr wenige Einblicke in den Unterricht anderer Kollegen", erklären die Autoren der Studie.
Besonders verbreitet und intensiv sei hingegen die Zusammenarbeit der Lehrer an Ganztagsschulen sowie an nicht-gymnasialen Schulformen. Ein wichtiger Treiber für die Kooperation ist der Studie zufolge zudem auch die Inklusion an Schulen. Je höher der Anteil von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, desto häufiger und intensiver arbeiteten Lehrer auch konzeptionell zusammen.
Gegenseitig unterstützen
Für repräsentative Studie wurden mehr als 1.000 Lehrer in Deutschland befragt. Auftraggeber waren neben der Bertelsmann Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator und die Deutsche Telekom Stiftung. Sie empfehlen eine Verbesserung der Kooperationsmöglichkeiten für alle, die in der Schule zusammenarbeiten.
Die Studie zeige, dass eine intensive Zusammenarbeit von Lehrern nicht nur mit Kompetenzaufbau, höherer Berufszufriedenheit und besserer Gesundheit einhergehe, erklärten die Stiftungen. Teamarbeit im Lehrerkollegium sei zudem ein Schlüssel dafür, mit der wachsenden Vielfalt in den Schulklassen umzugehen und Schüler besser individuell zu fördern. Wichtigste Voraussetzungen seien die Unterstützung durch die Schulleitung sowie feste Strukturen wie spezielle Teamarbeitszeiten.
In Deutschland unterstützen sich der Studie zufolge mehr Lehrer gegenseitig mit Unterrichtsmaterial (62 Prozent) als im Durchschnitt der 34 OECD-Mitgliedsstaaten. Dort liegt der Durchschnittswert bei 46 Prozent. Bei der Diskussionen über die Lernentwicklung von Schülern (50 zu 62 Prozent) oder gemeinsame Bewertungsstandards (33 zu 41 Prozent) falle Deutschland jedoch hinter dem internationalen Durchschnitt zurück, hieß es.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) erklärte, die Studie zeige, dass Lehrer in Zukunft mehr als ohnehin schon ermutigt werden sollten, enger zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Die KMK-Präsidentin und Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) begrüßte zugleich, "dass die Studie eine hohe Zufriedenheit der Lehrer mit ihrem Beruf bestätigt, auch wenn die Herausforderungen sehr groß sind".