Berlin (epd)Der Bund will mit dem Aufbau eines Wolf-Zentrums die Rückkehr der Tiere nach Deutschland wissenschaftlich und moderierend begleiten. Die Wiederansiedlung stelle Bundes- und Landesbehörden vor Aufgaben, die einer bundesweiten Koordination bedürften, sagten Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, am Mittwoch in Berlin.
Das neue Dokumentations- und Beratungszentrum des Bundes solle die zuständigen Landesbehörden bei offenen Fragen rund um den Wolf beraten und bundesweit Daten zur Ausbreitung des Wolfes sammeln. Koordiniert wird das Wolf-Zentrum von Görlitz aus. In Ostsachsen hatten sich im Jahr 2000 die ersten Tiere wieder angesiedelt.
Mittlerweile gibt es in Deutschland nach Angaben von Jessel wieder 31 Wolfsrudel mit jeweils zwischen fünf und zehn Tieren. Dazu kommen acht Paare sowie sechs Einzeltiere. Das Hauptverbreitungsgebiet der Wölfe sind derzeit die ostdeutschen Bundesländer und Niedersachsen. Sie sind allesamt Abkömmlinge westpolnischer Wölfe und gehören zur sogenannten zentraleuropäischen Flachlandpopulation. Vereinzelt in Süddeutschland gesichtete Tiere stammen wiederum aus der sogenannten Alpenpopulation und sind aus Italien, der Schweiz oder Frankreich eingewandert. Sie seien aber noch nicht sesshaft, sagte Jessel.
Noch keine stabilen Tierbestände
Der Bestand nehme zwar zu, allerdings gelte der Wolf nach wie vor als vom Aussterben bedroht und stehe auf der Roten Liste, sagte Ministerin Hendricks. "Wir können noch lange nicht von einem stabilen Stand reden. Im Jagdrecht hat der Wolf deshalb nichts zu suchen", fügte sie hinzu.
Der größte Feind des Beutejägers sei immer noch der Mensch, betonte Bundesamts-Präsidentin Jessel. Von den 124 registrierten toten Wölfen seit 2000 starben laut Jessel nur zehn eines natürlichen Todes. 18 wurden illegal geschossen und 86 Opfer des Straßenverkehrs. Bei weiteren Tieren blieb die genaue Todesursache unbekannt. Auch gehen die Experten von einer höheren Dunkelziffer bei illegalen Abschüssen aus.
Ministerin sieht Erfolg für den Naturschutz
Die Umweltministerin nannte die Wiederansiedlung des Wolfes einen großen Erfolg für den Naturschutz. Zugleich handele es sich um eine große Herausforderung, weil das Nebeneinander von Mensch und Wolf vielerorts erst wieder neu erlernt werden müsse, sagte Hendricks. Die Erfahrung zeige allerdings, dass es umso weniger Probleme gebe, je mehr man über den Wolf wisse.
Nach Angaben von Bundesamts-Präsidentin Jessen wurden seit 2000 insgesamt 125 Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere registriert. Viele der Übergriffe gingen aber eigentlich auf das Konto von verwilderten Hunden, sagte Jessen. Die Halter wurden trotzdem entschädigt, im Jahr 2014 beispielsweise mit insgesamt 54.000 Euro.
Zentrum wird von einem Konsortium getragen
Getragen wird das Beratungszentrum von einem Konsortium aus mehreren wissenschaftlichen Institutionen wie dem Senckenberg Forschungsinstitut im hessischen Gelnhausen, dem Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz, dem Lupus Institut für Wolfsmonitoring und dem Leibnitz Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin. Finanziert wird das Wolf-Zentrum für zunächst drei Jahre mit 425.000 Euro.
Der Naturschutzbund Deutschland begrüßte die neue Einrichtung. Von dem gesammelten Wissen könnten Behörden in Bund und Ländern, Nutztierhalter und die Öffentlichkeit im Umgang mit dem Wildtier profitieren. Auch erhoffe sich der Nabu so ein besseres Datennetz über die Fälle von illegaler Wolfstötung, bei denen die Aufklärungsquote nach wie vor klein und die Dunkelziffer groß sei.
Die Grünen im Bundestag forderten, klare und bundeseinheitliche Regelungen für Prävention und Kompensation von Schäden an Nutztieren einzuführen. Auch beim Herdenschutz der Nutztiere gebe es noch viel zu tun.