Frankfurt a.M. (epd)Anwältin Natalie von Wistinghausen wandte sich am Mittwoch klar gegen eine Einstufung von Onesphore Rwabukombe als Täter. Als Strafmaß brachte sie eine Haftstrafe von zehn Jahren ins Spiel. Dem Angeklagten wird ein Massaker an Tutsi-Flüchtlingen in Ruanda im April 1994 zur Last gelegt.
Bereits im Februar hatte das Gericht Rwabukombe dafür wegen Beihilfe zum Völkermord zu 14 Jahren Haft verurteilt (AZ: 5-3 StE 4/10-4-3/10). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe kippte das Urteil jedoch im Mai. Er sah eine mögliche schwerere Schuld des Angeklagten und verwies den Fall zurück nach Frankfurt.
Seit Anfang Dezember geht der 4. Strafsenat nun erneut der Frage nach, wie Rolle und Motiv des 58-jährigen Angeklagte zu bewerten sind. Hierbei sprach sich die Verteidigung im Schlussplädoyer klar gegen eine von der Generalbundesanwaltschaft betonte "besondere Schwere der Schuld" aus. Die Anklage fordert lebenslange Haft.
Angeklagter bestreitet die Vorwürfe
Laut Verteidigung war der Angeklagte am Tag des Massakers an mindestens 400 Angehörigen der Tutsi-Minderheit zwar auf dem Kirchengelände, auf das sich die Menschen geflüchtet hatten. Jedoch habe Rwabukombe das Blutbad nicht verhindern können, erklärte von Wistinghausen. Zudem habe der frühere Bürgermeister nie die Absicht gehabt, alle in Ruanda lebenden Tutsi vernichten zu wollen. Diese "Zerstörungsabsicht" sei für eine Verurteilung wegen eines täterschaftlich begangenen Völkermordes eine notwendige Bedingung.
Rwabukombe selbst bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe: "Ich bin unschuldig", betonte er vor dem Frankfurter Gericht. Das Urteil wird für kommenden Dienstag erwartet.
Beim Völkermord in Ruanda 1994 wurden rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu von radikalen Hutus ermordet. Völkermord-Verbrechen wiegen so schwer, dass sie nach dem Weltrechtsprinzip überall auf der Welt geahndet werden können. Der Fall Rwabukombes ist das erste deutsche Gerichtsverfahren zum Völkermord in Ruanda.