Frankfurt a.M. (epd)Im Völkermords-Prozess gegen einen früheren ruandischen Bürgermeister hat die Staatsanwaltschaft in Frankfurt erneut eine lebenslange Haftstrafe gefordert. "Onesphore Rwabukombe ist des mittäterschaftlich begangenen Völkermordes schuldig zu sprechen", sagte Oberstaatsanwalt Jasper Klinge am Dienstag vor dem Oberlandesgericht in seinem Plädoyer. Der 58-Jährige Ruander war im Februar 2014 von dem Gericht wegen Beihilfe zu 14 Jahren Haft verurteilt worden (AZ: 5-3 StE 4/10-4-3/10). Nachdem der Bundesgerichtshof das Urteil jedoch im Mai kippte, müssen die Frankfurter Richter erneut die Schwere der Tat bewerten.
Laut Anklage war Rwabukombe dafür verantwortlich, dass am 11. April 1994 mindestens 400 Angehörige der Tutsi-Minderheit auf dem Kirchengelände seines Heimatortes Kiziguro ermordet wurden. Er sei am Tatort gewesen und habe dort Kraft seines Amtes zum Töten aufgefordert, sagte Klinge. Sein Ziel sei dabei gewesen, so viele Tutsi-Flüchtlinge wie möglich ermorden zu lassen. Zudem habe Rwabukombe weitere Täter persönlich mit dem Auto zum Kirchengelände gefahren, damit diese "das Morden fortsetzen konnten". Auch für das Wegschaffen der Leichen in eine Grube sorge der Angeklagte Klinge zufolge.
Asyl in Deutschland erhalten
Trotz der Aussagen von über 100 Zeugen hatte das Frankfurter Gericht bei seinem ersten Urteil keine Täterschaft mit "Tatherrschaft" mit ausreichender Sicherheit feststellen können. Der Schuldspruch war daher nur wegen Beihilfe zum Genozid an der Tutsi-Minderheit erfolgt. Doch die Karlsruher Richter gaben im Mai der Revision der Generalbundesanwaltschaft und mehrerer Nebenkläger statt. Zwar beanstandeten sie nichts an der Beweisaufnahme, jedoch an der Bewertung der Gräueltaten. Die Mitwirkung des Angeklagten an dem Blutbad von Kiziguro sei als Täterschaft mit Völkermord-Absicht zu werten, nicht als Beihilfe. Die Richter des vierten Strafsenats des Frankfurter Oberlandesgerichts gehen dieser Frage seit Ende November nach.
Rwabukombe war 2002 nach Deutschland gekommen und hatte Asyl erhalten. Seit 2010 saß er in Untersuchungshaft. Der Ex-Bürgermeister wurde nicht nach Ruanda ausgeliefert, da es Zweifel gab, dass er dort ein faires Verfahren bekommen hätte.
Beim Völkermord in Ruanda 1994 wurden rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu von radikalen Hutus ermordet. Völkermord-Verbrechen wiegen so schwer, dass sie nach dem Weltrechtsprinzip überall auf der Welt geahndet werden können. Der Fall Rwabukombes ist das erste deutsche Gerichtsverfahren zum Völkermord in Ruanda.