Der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Jochen Cornelius-Bundschuh, hat eine erste Bilanz zum Klimagipfel in Paris gezogen. Es sei ein "entscheidender Schritt", dass zum ersten Mal über alle Gräben hinweg Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländer zusammenarbeiten, sagte der Landesbischof in Karlsruhe. Während der Klimawandel in Europa noch abstrakt diskutiert werde, sei er in den Ländern des globalen Südens schon Realität: "Bei ihnen geht es schon jetzt um Leben und Tod."
Schon heute seien die Fluchtbewegungen aufgrund von Klimawandel höher als wegen Bürgerkriegen, sagte Cornelius-Bundschuh, der mit einer Delegation der evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg und Elsass-Lothringen am 5. und 6. Dezember in Paris war. Dort sprach er unter anderem mit dem Leiter der deutschen Verhandlungskommission, Karsten Sach.
Nicht noch mehr Menschen zur Flucht zwingen
Eine stärkere Berücksichtigung grundlegender Menschenrechte bei den Vertragsverhandlungen zu einem neuen Klimaabkommen hat auch die Vizepräsidentin des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit, Bischöfin Petra Bosse-Huber, anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte gefordert.
Die fundamentalen Rechte auf Nahrung, Wasser, Wohnung und Land würden durch die derzeitige Klimapolitik vor allem der Industriestaaten bedroht und in zahlreichen Fällen auch jetzt schon verletzt. "Angesichts der aktuellen Krisen in der Welt ist es ein Gebot der Vernunft, dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr Menschen zur Flucht gezwungen werden", so Bischöfin Bosse-Huber.
Mit Blick auf den Abschluss der Verhandlungen in Paris sagte Cornelius-Bundschuh, dass das Erreichen einer möglichst geringen Gradzahl für die Erderwärmung zwar wichtig sei, längerfristig entscheidend sei jedoch die rechtlich bindende Etablierung eines Systems zur Messung und Kontrolle der Emissionen sowie eine konsequente Weiterarbeit. "Wir hoffen dass es zu ambitionierten Entscheidungen kommt und sich alle für das 1,5 Grad-Ziel einsetzen", sagte der evangelische Theologe.
Dazu wolle die Kirche ihren Beitrag leisten. Die Kirchen hätten eine Vorbildfunktion und trügen mit dafür Verantwortung, dass die Menschen vor Ort umdenken. Wichtig sei es eine entsprechende Dynamik in Gang zu bringen, damit "allen deutlich wird, dass gegen den Klimawandel entschieden gehandelt werden muss", sagte er. Auch die Kirchen stellten sich der eigenen Verantwortung. Die badische Landeskirche will bis 2050 das Ziel erreichen eine "dekarbonisierte Kirche" zu sein.
"Klimawandel hat keine Religion"
In Indien würden extreme Wetterereignisse zunehmen, sagte der Umweltbeauftragte der Church of South India, Professor Mathew Koshy, der als einer der "Klimazeugen" mit der Delegation nach Paris gereist war. Jedes Jahr erlebe Indien Hitzewellen, Kälteeinbrüche, extreme Niederschläge, Dürren und Wirbelstürme, die nicht nur Häuser sondern auch Leben zerstörten. Entschiedenes Handeln auf allen Ebenen sei nötig, forderte der Trinkwasserexperte. Verursacher des Klimawandels müssten ihren Lebenswandel ändern und für Schäden aufkommen, die den Entwicklungsländern dadurch entstanden sind. Zudem forderte er einen Schuldenerlass für arme Länder.
Auf die ambivalente Rolle von Indonesien verwies der protestantische Pfarrer Diks Sasmanto Pasande aus Sulawesi, Indonesien: "Beim Klimawandel ist Indonesien Täter und Opfer zugleich". Allein auf Borneo würden jedes Jahr 1,3 Millionen Hektar Regenwald gerodet um dann Palmöl zu produzieren. Während in Europa viel über technische Gründe des Klimawandels geredet werde, beinhalte er für Indonesien viele soziale Probleme. Durch Enteignungen und Vertreibungen verlören Menschen ihre Lebensraum und ihre Selbstbestimmung. Korruption verhindere viele Maßnahmen gegen den Klimawandel.
Chile sei durch das Abschmelzen der Gletscher sowie zunehmender Dürre und Trockenheit stark von den Klimaveränderungen betroffen, sagte die chilenische Umweltwissenschaftlerin und evangelische Theologin, Marcia Palma. Dies seien jedoch lösbare Probleme. "Klimawandel hat keine Religion", sagte sie. Daher müssten alle gemeinsam ihre Stimme erheben und auch Taten folgen lassen.
Zur badischen Delegation in Paris gehörten neben dem Landesbischof auch Oberkirchenrat Matthias Kreplin, Akademiedirektorin Uta Engelmann, Umweltbeauftragter André Withöft-Mühlmann, Pfarrer Peter Scherhans vom Entwicklungsdienst, Hans-Joachim Zobel von der Organisation Klimapilgerweg, Annegret Brauch, theologische Mitarbeiterin des Bischofsbüros sowie die "Klimazeugen" Mathew Koshy, Umweltbeauftragter der Church of Southindia, und Dr. Gebrewold aus Äthiopien.