«Für das Überleben der Menschheit wichtig»

epd-bild/Thomas Lohnes
Navdanya-Mitarbeiter demonstrieren die Aussaat von Kartoffeln und Bohnen.
«Für das Überleben der Menschheit wichtig»

Die Rückbesinnung auf Feldfrüchte aus traditionellen Saaten kann entscheidend dazu beitragen, die Ernährung in vielen Ländern des Südens zu verbessern, sagt Martin Remppis von der Hilfsorganisation «Brot für die Welt» im Gespräch mit dem epd.
27.11.2015
epd
Dieter Sell (epd-Gespräch)

Berlin, Hannover (epd)Weltweit litten etwa zwei Milliarden Menschen an Mangelernährung. "Sie nehmen zwar genug Kalorien zu sich, aber ihnen fehlen lebenswichtige Nährstoffe und Vitamine", warnte Martin Remppis von der Hilfsorganisation "Brot für die Welt" im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Alte Sorten wie etwa in Indien Fingerhirse und Amarant lieferten wichtige Inhaltsstoffe, um auch Krankheiten vorzubeugen.

Lokale Saatgutsorten bewahren

"Brot für die Welt" unterstützt beispielsweise seit mehr als 20 Jahren das nordindische Projekt "Navdanya", das alte und lokale Saatgutsorten bewahrt und die kleinbäuerliche Landwirtschaft unterstützt. "Traditionelle Saaten sind nicht patentiert, deshalb frei verfügbar und durch ihre Vielfalt oft viel besser an Standorte angepasst", betonte Remppis.

Vielfalt und alte Saaten seien auch enorm bedeutend bei der Frage, wie die Landwirtschaft an den Klimawandel angepasst werden könne. "Sie sind für das Überleben der Menschheit wichtig, weil mit ihnen beispielsweise trocken-, salz- oder auch flutresistente Pflanzen angebaut werden können", ergänzte der Ernährungsexperte. Allerdings würden traditionelle Saaten durch wenige industriell erzeugte und auch gentechnisch veränderte Saaten verdrängt. Remppis kritisierte, es sei absurd, dass "Millionen in gentechnische Entwicklungen gesteckt werden, gleichzeitig aber wertvolles Genmaterial verloren geht".

Verschuldung durch teures Saatgut

In den 60er Jahren sei die "grüne Revolution" mit dem Ziel gestartet, durch den Einsatz von Hochertragssorten sowie chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und Maschinen höhere landwirtschaftliche Erträge zu erzielen, erläuterte Remppis. Diese erste Phase werde jetzt von der zweiten "grünen Revolution" mit dem Einsatz patentierter genveränderter Saaten abgelöst. Um dieses teure Saatgut anbauen zu können, müssten sich viele Bauern verschulden und kämen bei Missernten in existenziell bedrohliche Situationen. Auch hier böten alte Saaten, die Kleinbauern selbst züchten könnten, einen Ausweg aus Ernährungs- und Schuldenkrisen.

Das Thema Mangelernährung ist Schwerpunkt der 57. Spendenaktion des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt". Die Kampagne unter dem Motto "Satt ist nicht genug" wird am ersten Advent (29. November) mit einem Festgottesdienst in der Marktkirche Hannover eröffnet.