"Es ist eine Sünde, vom Ruin der Schöpfung zu profitieren"

"Es ist eine Sünde, vom Ruin der Schöpfung zu profitieren"
Kirchenleute rufen zu Kapitalabzug aus Kohle, Gas und Öl auf
Christen sollten nach Ansicht des Präsidenten der United Church of Christ in Massachusetts zivilen Ungehorsam leisten, um auf die Gefahren des Klimawandels hinzuweisen. In dieser "ungeordneten Welt" fordere Gott solche Aktionen, sagte Jim Antal am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Frankfurt am Main.

Antal forderte die Kirchen dazu auf, sich auf "ihre moralische Kraft zu besinnen" und gegen die Erderwärmung zu kämpfen. Er selbst habe zum Beispiel gegen eine Gaspipeline in Boston protestiert und sei dafür auch einige Tage ins Gefängnis gegangen.

Der Geistliche ist in den USA ein Protagonist der wachsenden Deinvestment-Bewegung. Unter dem Motto "Fossil Free" fordern die Aktivisten Anleger dazu auf, ihr Kapital aus den Unternehmen abzuziehen, denen ein Großteil der Kohle-, Öl- und Gasreserven gehören.  "Wenn es eine Sünde ist, die Schöpfung zu ruinieren, dann ist es auch eine Sünde, vom Ruin der Schöpfung zu profitieren", sagte Antal.

Die Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energieträgern (Dekarbonisierung) beruht auf einer Empfehlung des Weltklimarates, der errechnet hatte, wie die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden kann. Das macht das Zwei-Grad-Ziel zu einem zentralen Richtwert der internationalen Klimapolitik.

In Deutschland bietet die Bewegung Formbriefe auf ihrer Internetseite, mit denen Bürger ihre Kommunen dazu auffordern sollen, "klimaschädliche Investments zu beenden und stattdessen in eine post-fossile Gesellschaft zu investieren". Wenn das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden solle, dürfe der Großteil der fossilen Energiereserven wie Kohle, Öl und Gas nicht verbrannt werden, schreiben die Aktivisten und warnen vor "katastrophalen Folgen für Mensch und Natur".

"Jetzt über Klimawandel predigen"

In Frankfurt war Antal auf Einladung eines Bündnisses von ökumenischen Entwicklungsgruppen, die am Freitag über Deinvestment diskutierten. Dazu gehörten unter anderem die Werkstatt Ökonomie im Ökumenischen Prozess "Umkehr zum Leben" und Werkstätten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, zu der die United Church of Christ eine Partnerschaft pflegt.

Eingeladen war auch Gunnela Hahn, in der lutherischen Schwedischen Kirche für ethisches Investment zuständig. Die Schwedische Kirche habe ihr Geld bereits im Jahr 2008 aus Ölkonzernen wie BP herausgezogen, sagte sie am Rande der Tagung. "Durch den Rückzug von Öl- und Gas-Unternehmen haben wir sogar finanziell profitiert seitdem ihre Aktienpreise gefallen sind und durch den niedrigen Ölpreis und die höheren Kosten für die Ölförderung."

Hahn machte zudem darauf aufmerksam, dass die Forderung "fossil free" nur ein Aspekt im Kampf gegen den Klimawandel sei. Auch Brandrodungen trügen zu einem erhöhten Ausstoß von Kohlendioxid und damit zum Klimawandel bei.



Sinn des Treffens in Frankfurt sei, ein internationales Netzwerk zu knüpfen, sagte Klaus Heidel von der Werkstatt Ökonomie: "Wir können viel lernen von den Kirchen im Norden."

Antal fühlt sich von Gott zu seinem Engagement gegen den Klimawandel berufen und wirbt dafür unter den eine Million Mitglieder der United Church of Christ, zu der auch US-Präsident Barack Obama gehört. Immer wieder sage er seinen Pastoren: "Wenn sie jetzt nicht über den Klimawandel predigen, werden sie in einigen Jahren nur noch über Kummer und Leid predigen können." Den Menschen müsse deutlich gemacht werden, dass die Zukunft im "spirituellen und nicht im materiellen Fortschritt" liege.