Düsseldorf (epd)Im vergangenen Jahr waren in Deutschland mit 16,7 Prozent der Bevölkerung mehr als 13 Millionen Menschen von Armut bedroht, wie die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Düsseldorf mitteilte. Im Jahr 2013 lag der Anteil noch bei 16,1 Prozent. Zurückzuführen sei der Anstieg der Quoten vor allem auf die Zunahme der Altersarmut von 14,9 auf 16,3 Prozent. Auch die Zahl jener Menschen wächst weiter, die trotz Jobs zu wenig Geld haben (von 8,6 auf 9,9 Prozent).
Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens eines Landes zur Verfügung hat. Für die Studie werteten Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Böckler-Stiftung Zahlen der EU-Silc-Erhebung der EU-Statistikbehörde Eurostat aus. Bei der europaweiten freiwilligen Befragung werden in Deutschland jährlich rund 14.000 Haushalte angeschrieben.
Deutschland im Mittelfeld
Der WSI-Sozialexperte Eric Seils warnte vor einer Zunahme der sogenannten "working poor" in Deutschland. Wenn Menschen trotz einer Arbeitsstelle armutsgefährdet seien, belaste das nicht nur die Betroffenen, sondern auch die sozialen Sicherungssysteme. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sei eine wichtige Gegenmaßnahme, die nicht durch weitere Ausnahmen geschwächt werden dürfe.
Im EU-weiten Vergleich liegt Deutschland bei der Armutsgefährdung laut Studie im Mittelfeld. Die höchsten Werte verzeichneten Rumänien (25,4 Prozent), Spanien (22,2 Prozent), Griechenland (22,1 Prozent) und Bulgarien (21,8 Prozent). Dagegen lag die Quote in Tschechien mit 9,7 Prozent am niedrigsten.
Im Vergleich zu armutsgefährdeten Menschen in anderen EU-Staaten hätten die Betroffenen in Deutschland einen höheren Lebensstandard, heißt es in der Studie. Jedoch lebten auch hierzulande viele in großem Mangel: 13,3 Prozent der von Armut bedrohten Menschen können der Studie zufolge ihre Wohnung nicht ausreichend heizen, in der Gesamtbevölkerung sind es fünf Prozent.