Berlin, Dresden (epd)"Mit Zahlen können Sie mich nicht erschrecken", sagt Bischof Heiner Koch. Dass ihm nicht bange sei vor der Minderheitensituation der Katholiken in Ostdeutschland, hatte er als optimistisch gestimmter Rheinländer bereits bei seinem Amtsantritt 2013 in Dresden verkündet. Als Bischof des Bistums Dresden-Meißen war er in den vergangenen beiden Jahren für rund 140.000 Katholiken zuständig. Zuvor war er Weihbischof im Erzbistum Köln, dem mit mehr als zwei Millionen Katholiken größten deutschsprachigen Bistum.
Personalie durchgesickert
Nun wechselt er ins Erzbistum Berlin und folgt im Bischofsamt Kardinal Rainer Maria Woelki, der seit September Kölner Erzbischof ist. Papst Franziskus ernannte den 60-Jährigen Koch offiziell am Montag, nachdem die Personalie schon in der vergangenen Woche durchgesickert war.
Auch an der Spree wird der Theologe seinen Optimismus brauchen. Denn Koch bleibt in Berlin in der Diaspora. Das Bistum rund um die Hauptstadt ist zwar flächenmäßig das zweitgrößte Erzbistum in Deutschland, jedoch sind Katholiken klar in der Minderheit. Deutlich weniger als zehn Prozent der Einwohner gehören der römisch-katholischen Kirche an. Auch das Berliner Bistum wird mittelfristig die kirchlichen Strukturen weiter anpassen. Aus derzeit 105 Kirchengemeinden sollen bis 2020 etwa 30 Großpfarreien entstehen.
Weggaang aus Köln nicht einfach
Der bekennende Karnevalist und Fußballfan Koch war schon 2011 für den Berliner Bischofsstuhl im Gespräch, musste aber dann seinem damaligen Amtskollegen Woelki den Vortritt lassen. Rund 407.000 Mitglieder zählt die katholische Kirche im Erzbistum Berlin, davon leben allein gut 325.000 Katholiken in der Bundeshauptstadt.
Koch war erst vor etwas mehr als zwei Jahren zum Bischof von Dresden-Meißen berufen worden. Der Weggang aus Köln war Koch nicht leicht gefallen. Daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Die Situation im Osten stellte ihn vor bis dahin unbekannte Herausforderungen. Nun hat er erste Erfahrungen in Ostdeutschland gesammelt und dürfte für Berlin gerüstet sein.
Der gebürtige Düsseldorfer mit schlesischen Wurzeln - sein Vater stammt aus Breslau - sagt über sich, er habe ein "Urvertrauen in das Leben und die Menschen". Die Freude darüber sei ihm bereits in die Wiege gelegt worden, seine "tiefe Gläubigkeit" habe ihm sein Elternhaus mitgegeben.
Mit 26 Jahren Priester
Koch wurde 1954 geboren und studierte an der Universität Bonn Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaft. An seinem 26. Geburtstag wurde er im Kölner Dom zum Priester geweiht. Anschließend war er Kaplan in Kaarst bei Düsseldorf, Stadtjugendseelsorger in Neuss und Hochschulpfarrer an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 2005 leitete er als Generalsekretär die Planung und Organisation des Weltjugendtages in Köln.
Der promovierte Theologe plädiert für einen anderen Umgang der katholischen Kirche mit dem Thema Homosexualität und die Überprüfung der katholischen Positionen zu Familie, Ehe und Sexualität. Homosexualität als Sünde darzustellen sei verletzend, sagte er kürzlich in einem Zeitungsinterview.
"Familienbischof"
Seit Herbst 2014 ist Koch Vorsitzender der Kommission Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz. Neben dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und dem Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode wird Koch als "Familienbischof" im Oktober an der Weltbischofssynode zu Familienfragen in Rom teilnehmen. Die Kirche brauche eine andere Sprache, wenn es um Homosexuelle geht, fordert er. Er kenne homosexuelle Paare, die Werte wie Verlässlichkeit und Verbindlichkeit in vorbildlicher Weise lebten, sagte der Theologe.
Er wolle sich in der Gesellschaft einmischen, hatte er zu Amtsbeginn in Dresden gesagt. Und er spüre eine "enorme Offenheit" in- und außerhalb der Kirche, die eine "gute Zeit" verspreche. Außerdem freue er sich auf die vielen Ungetauften. Die Bischofszeit in Dresden war kurz, vielleicht zu kurz, um richtig anzukommen. Doch in Berlin kann er nun zeigen, wie gut er für die Diaspora gerüstet ist.