Eine Frage der Folter

Eine Frage der Folter
In den USA wächst die Kritik an den Bedingungen der Isolationshaft

Washington (epd)Zusperren und den Schlüssel wegwerfen: Politik und Gesellschaft in den Vereinigten Staaten haben oft wenig Geduld, wenn sich Häftlinge über Haftbedingungen beschweren. Doch durch den zunehmenden Druck von Menschenrechtlern hinterfragen Politiker und Strafvollzug nun häufiger die "Masseninhaftierung" in den USA. Besonders in der Kritik steht die verbreitete Praxis, problematische Gefangene in Isolationstrakten wegzusperren - in Beton- und Stahlzellen, so groß wie die Toilette einer Wohnung. Laut der Menschenrechtsorganisation solitarywatch.com befinden sich ungefähr 80.000 Menschen in den USA in Isolationshaft.

Alternativen zur Isolationshaft

Er existiere seit beinahe zwei Jahrzehnten in einer sechs Quadratmeter großen Zelle in einem texanischen Hochsicherheitsgefängnis, schreibt der wegen Betrugs und Ausbruchs einsitzende Steven Jay Russell in einem Brief an solitarywatch. Auf engstem Raum befänden sich Bett, Ausguss und Toilette. Durch ein schmales Fenster unter der Decke falle etwas natürliches Licht in die Zelle. Fernseher und Zugang zu einem Telefon habe er nicht. Fünf Mal in der Woche dürfe er für zwei Stunden nach draußen in einen von einer Betonmauer umgebenen Hof. Er wisse von 13 oder 14 Häftlingen, die sich das Leben genommen hätten.

Nun setze sich langsam die Ansicht durch, dass es humanere, kostengünstigere und effektivere Alternativen zur Isolationshaft gebe, sagt Laura Downton von der "Nationalen Religiösen Kampagne gegen Folter". Isolationshaft sei Folter, ergänzt die Pastorin und meint damit Praktiken, bei denen Häftlinge für 23 Stunden oder länger in oft fensterlose Zellen ohne zwischenmenschlichen Kontakt gesperrt werden.

Wie das New Yorker Justizforschungsinstitut "Vera Institute for Justice" kürzlich berichtete, haben zehn der 50 Bundesstaaten 2014 Maßnahmen angekündigt oder bereits eingeführt, um die Isolationshaft zu reduzieren. In Rikers Island, dem berüchtigten Gefängnis von New York City, dürfen seit Jahresanfang keine Häftlinge unter 21 mehr in Isolationshaft gesteckt werden. In Colorado haben die Haftanstalten nach offiziellen Angaben die Zahl der "langfristigen" Isolationshäftlinge von mehr als 1.100 im Jahr 2009 auf aktuell 200 verringert. In Illinois beschloss der Justizvollzug nach einer Zivilklage, Häftlinge in Jugendgefängnissen maximal 16 Stunden am Tag in die Zelle zu sperren.

Wärter und Direktoren entscheiden

Es sind nicht die Gerichte, die darüber entscheiden, wer wann, warum und wie lange in Einzelhaft kommt - sondern Wärter und Gefängnisdirektoren. Manchmal sind Attacken auf Vollzugsbedienstete der Grund, manchmal Lappalien. Dennoch haben Vollzugsbeamte Bedenken bei den geplanten Reformen. Kritiker machten unablässig Stimmung gegen Isolationshaft, klagt Norman Seabrook, Präsident der "Correction Officers Benevolent Association" in New York, in einem Informationsblatt für Vollzugsbeamte. Man müsse doch etwas tun mit Insassen, deren Gewalttätigkeit sie zu einer Bedrohung für Mitarbeiter mache.

Laura Downton dagegen ist optimistisch. Der Ruf nach Reformen komme zunehmend auch von konservativen Verbänden. So sagte Tim Head von der konservativen "Koalition für Glaube und Freiheit" dem Informationsdienst "Religion News Service", er wolle die Isolationshaft zwar nicht abschaffen, diese Strafe werde jedoch zu häufig verhängt.