Berlin, Bonn (epd)Wenige Wochen vor dem Weltklimagipfel in Paris haben Umwelt- und Entwicklungsorganisationen die Bundesregierung aufgefordert, für ehrgeizige Klimaziele zu kämpfen. Deutschland müsse sich für den weltweiten Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas bis 2050 einsetzen, sagte der Klimaexperte von Greenpeace, Martin Kaiser, am Freitag in Berlin. Bislang streben die EU-Staaten, darunter Deutschland, eine Abkehr von fossilen Energieträgern bis Ende des Jahrhunderts an.
Am Montag startet in Bonn die letzte Verhandlungsrunde vor dem Weltklimagipfel auf Arbeitsebene. Bis Freitag wollen die Staaten-Vertreter den Text für ein neues globales Klimaabkommen vorbereiten, das bei der Pariser Konferenz (30.11. - 11.12.) verabschiedet werden und 2020 in Kraft treten soll.
Kein Konsens
In der Frage, wie und bis wann eine globale Energiewende gelingen könne, gebe es unter den Staaten noch keinen Konsens, kritisierte der Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals. Unklarheiten gebe es auch noch über die Höhe der Finanzhilfen für arme Länder, die unter den Folgen des Klimawandels besonders leiden. Auch sei noch offen, welche Rechtsverbindlichkeit das neue Abkommen haben werde und ob die vereinbarten Klimaziele in regelmäßigen Abständen überprüft werden sollen. Das Pariser Klimaabkommen soll das Kyoto-Protokoll ersetzen, das CO2-Minderungsziele lediglich für Industrieländer vorsieht.
Schaffe es die Staatengemeinschaft nicht, aus den fossilen Energien auszusteigen, werde der Klimawandel nicht zu bremsen sein, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Greenpeace und der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Klimaschutz heißt Kohleausstieg, auch und gerade in Deutschland", betonte er. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könne in Paris nicht glaubhaft mehr Klimaschutz fordern, wenn in Deutschland weiter uralte, überflüssige und vor allem klimaschädliche Braunkohlekraftwerke betrieben werden.
Schäden durch den Klimawandel
Dass die Abkehr von fossilen Energien beschleunigt werden müsse, zeigten die Ergebnisse der Klimaforschung, erklärten Greenpeace, BUND und Oxfam. Neun der zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturmessungen seien in den vergangenen 15 Jahren registriert worden. Dürren, Stürme und Überschwemmungen nähmen nicht nur an Intensität, sondern auch an Häufigkeit zu. Die Folgen des Klimawandels bewegten zudem immer mehr Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat.
"In den armen Ländern richtet der Klimawandel schon heute große Schäden an und verschärft die Armut von Millionen Menschen, die oft kaum oder gar nicht zum Klimawandel beigetragen haben", sagte Jan Kowalzig, Klimaexperte bei Oxfam Deutschland. Der Erfolg von Paris sei deshalb unter anderem abhängig von der Höhe der Klimafinanzierung für arme Länder.
Die reichen Länder müssten bis zur Pariser Konferenz klarstellen, wie sie ihr finanziellen Versprechen erfüllen wollen. Bei vergangenen Klimakonferenzen war vereinbart worden, dass ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Entwicklungsländer zur Verfügung stehen sollen. "Von diesem Ziel sind die reichen Länder noch weit entfernt", bemängelte Kowalzig. Aktuell betragen die zugesagten Hilfen laut Oxfam rund 57 Milliarden US-Dollar.