Ehrenamtliche ein Verkehrstraining für Flüchtlinge an
Köln (epd)Die 18 jungen Männer aus Eritrea, Nigeria und Somalia setzen ihre bunten Helme auf und besteigen stolz ihre Fahrräder. Unter den wachsamen Augen von zwei Beamten der Kölner Polizei drehen sie ihre Runden über das Übungsgelände der Jugendverkehrsschule. Vor jeder roten Ampel halten sie an, ordnen sich vorschriftsmäßig auf dem Rechts- oder Linksabbiegerstreifen ein und beachten die Vorfahrtsregeln. "Das sind alles tolle Jungs", sagt Nicole Sutschet von der Fachdienststelle Verkehrsunfallprävention. "Sie sind sehr wissbegierig und motiviert."
Die jungen Männer sind alle aus ihren Heimatländern geflüchtet und leben seit etwa eineinhalb Jahren in Deutschland. Zena Gebriel (28) findet das Fahrradtraining auf dem Verkehrsübungsplatz toll: "Das hat mich viel sicherer gemacht", sagt er. In Köln sei es auf den Straßen viel voller als in Eritrea. Vieles war hier ganz neu für ihn: "Fahrradwege gibt es bei uns nicht." Auch hatte er noch nie eine Straßenbahn gesehen. Aber natürlich gebe es in seiner Heimatstadt Adi Keyh im Süden Eritreas auch Straßenverkehrsregeln, erzählt der junge Afrikaner: "Und man hält sich dran, sonst gibt es eine Strafe. Man fährt deswegen viel vorsichtiger als hier."
Scheu vor der Polizei
Am Anfang habe er große Schwierigkeiten gehabt, die Bedeutung der vielen Straßenverkehrsschilder zu verstehen. "Und wenn ich wieder was nicht kannte, habe ich lieber angehalten und bin mit dem Fahrrad auf dem Bürgersteig gelaufen. Ich wollte nichts falsch machen", sagt Zena.
Viele der Flüchtlinge hätten in ihren Heimatländern schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht, sagt Polizistin Sutschet. "Zum ersten Treffen mit ihnen sind wir deshalb in Zivil gegangen, und da waren wir auch nur die Nicole und der Klaus." Es habe etwas Zeit gebraucht, bis die jungen Leute ihre Scheu vor der Polizei abgelegt hätten.
Mitorganisiert und getragen wird das Fahrradtraining von einer Gruppe von Freiwilligen, die sich mit großem Einsatz um die Flüchtlinge kümmern. Darunter ist Jochen Schmidt, der viele Jahre als Fahrradkurier in Köln unterwegs war. Er macht Fahrradtouren mit den jungen Männern und achtet darauf, dass sie dabei sicher ans Ziel kommen. "Ich sage immer: Das Wichtigste ist gucken, gucken, gucken. Und ich habe eine sehr laute Stimme", lacht der Mittsechziger.
Gefühl der Freiheit
Jeden Dienstag von 15 bis 18 Uhr schraubt Schmidt im Flüchtlingsheim, einem ehemaligen Hotel in der Kölner Südstadt, alte Fahrräder zusammen, die gespendet wurden. Zusammen mit einem ganzen Trupp von freiwilligen Hobbymechanikern repariert und wartet er die Räder, um sie für die Flüchtlinge wieder fitzumachen.
Die Flüchtlinge sind beim Reparieren dabei und helfen. "Wir haben extra große Schilder gebastelt, auf denen wir die einzelnen Bestandteile eines Fahrrads in mehrere Sprachen übersetzen", sagt Sarah Kimmig, die die Fahrrad-AG ins Leben gerufen hat. Mobilität sei wichtig, betont die Psychologin: "Das Fahrrad vermittelt ein Gefühl der Freiheit. Zena etwa fährt mit dem Rad überall hin, zur Schule, zum Sport und zum Einkaufen." Das Fahrradtraining findet sie wichtig, "weil die Straßenverkehrsführung in Köln so unübersichtlich ist".
Währenddessen sind die jungen Afrikaner mit diesem Trainingstag, dem zweiten von insgesamt drei praktischen Übungstagen, fast fertig. Die beiden Polizisten haben sich eine letzte Übung ausgedacht: Im Abstand von einigen Metern stellen sie zwei Pilone, rot-weiße Verkehrshüte, auf. Auf dem ersten liegt ein Tennisball, den die Flüchtlinge während der Fahrt packen und dann auf dem zweiten Pilon wieder ablegen sollen. "Das schult drei Dinge", erläutert Polizist Klaus Rech: "Damit üben sie Motorik, die Balance zu halten und gleichzeitig die Fahrtrichtung einzuhalten." Einige schaffen es, andere nicht - aber alle werden von den beiden Polizisten gelobt und mit viel Applaus und Späßen zum Weitermachen motiviert.