Berlin (epd)Zwei Monate vor der UN-Klimakonferenz hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks erneut für einen konsequenten Kohleausstieg Deutschlands geworben. Nur so könne die Bundesrepublik ihren Anteil zur Eindämmung des Klimawandels beitragen, sagte die SPD-Politikerin am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin. Die Menschen sollten sich darauf einstellen, "dass das Kohlezeitalter zu Ende geht". Unterstützung erhielt sie vom Berliner Bischof Markus Dröge. Der evangelische Theologe verwies jedoch auch auf Zukunftsängste der Beschäftigten im Kohle-Tagebau. Sie fürchteten, ihre Arbeitsplätze zu verlieren.
Beim UN-Klimagipfel in Paris (30.11. - 11.12) soll ein neues globales Klimaabkommen verabschiedet werden. Hendricks betonte, Deutschland sowie alle anderen Staaten müssten jetzt Verantwortung für die Erhaltung des Planeten übernehmen. "Denn wir sind die erste Generation, die unter den Folgen des Klimawandels schon spürbar leidet" und "wir sind zugleich die letzte Generation, die es in der Hand hat, den Gegenprozess zu steuern".
Vorreiterrolle für Deutschland
Beim internationalen Klimaschutz sieht sie Deutschland in der Pflicht, eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Deutschland sei nicht nur ein wirtschaftlich und technologisch hoch entwickelter Staat und könne deshalb die Energiewende vorantreiben. Der ökologische Fußabdruck der Bundesrepublik zeige, dass das Land weit über seinen Verhältnisse lebe, betonte Hendricks. Daher sei es geboten, Entwicklungs- sowie Schwellenländer finanziell und mit technischem Wissen bei der umweltfreundlichen Stromerzeugung unterstützen.
Der Berliner Bischof Dröge sagte, die evangelische Kirche müsse die Umstellung auf nachhaltige Energien in Deutschland kontinuierlich begleiten. Dafür habe die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ein ausführliches Umweltkonzept erarbeitet. So würden etwa im Konfirmandenunterricht junge Menschen für den Klimaschutz sensibilisiert.
Dröge sagte, er kenne den Spagat zwischen Umweltschutz und Arbeitsplatzsicherung aus erster Hand, da viele Gemeindemitglieder aus der Oberlausitz im Braunkohletagebau tätig seien. Deshalb habe man in der Region bereits einen Kirchentag organisiert, um über verschiedene Positionen zur Energiewende zu diskutieren. Es gehe "um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in so einer Zerreißprobe", betonte Dröge.
Energieintensive Industrien betroffen
Ralf Barthels von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, erklärte, es sei mit weiteren Konflikten beim Ausstieg aus der Kohle zur rechnen. Mit dem Ende des Tagebaus würden im Land nicht nur 20.000 Arbeitsplätze wegfallen. Betroffen sei auch Deutschland als Wirtschaftsstandort für energieintensive Industrien. "Wir haben in Deutschland 800.000 Beschäftigte in der energieintensiven Industrie, die angewiesen sind auf eine Stromversorgung zu Preisen, wie sie auch auf ihren Konkurrenzmärkten in China oder den USA gezahlt werden", betonte Barthels.
Er schlug deshalb vor, erst aus dem Tagebau auszusteigen, wenn eine gesamteuropäische Infrastruktur zur Stromversorgung geschaffen sei. Damit könne sichergestellt werden, dass hiesige Unternehmen "Windstrom aus Skandinavien oder Solarstrom aus Südeuropa immer dann bekommen könnten, wenn in Deutschland mal nicht die Sonne scheint oder der Wind weht".