Neuer Talk, bekannte Argumente und das Eingeständnis eines Fehlers

Neuer Talk, bekannte Argumente und das Eingeständnis eines Fehlers
In der Neuauflage der Genderdiskussion bei «hart aber fair» versuchte Frank Plasberg zweierlei: Nicht nur wollte er mit denselben Gästen aus der ersten Sendung eine gelungenere Debatte führen, er räumte auch der Zensur-Diskussion breiten Raum ein.
08.09.2015
epd
Christiane Meister (epd)

Köln (epd)«Wir können ihn entlassen», sagte Frank Plasberg unfreiwillig doppeldeutig, als er Jörg Schönenborn, den WDR-Fernsehdirektor, am Montagabend nach gut 35 Minuten aus seiner «hart aber fair»-Sendung verabschiedete. Davor hatte dieser Rede und Antwort stehen müssen, warum er eine frühere Ausgabe der Talksendung erst aus der Mediathek des Senders entfernen ließ, um sie dann doch wieder im Internetangebot des Senders einzustellen.

Frauenverbände: Talk war sexistisch

Das Hin und Her um die Diskussion zum Thema «Nieder mit den Ampelmännchen - Deutschland im Gleichheitswahn?» war einzigartig. Bereits nach der Ausstrahlung Anfang März hagelte es Kritik am Titel der Sendung, an der Auswahl der Gäste (FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, Netzfeministin Anne Wizorek, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, Schauspielerin Sophia Thomalla und die Publizistin Birgit Kelle) und nicht zuletzt am Moderator. Frauenverbände kritisierten den Talk als sexistisch und warfen Plasberg vor, das Thema unseriös moderiert zu haben. «Es gibt keine Sendung, die nicht kritisiert wird. Aber die Kritik an dieser war beispiellos», sagte Plasberg.

Beispiellos waren auch die Entwicklungen gut fünf Monate nach der Ausstrahlung. Der WDR-Rundfunkrat empfahl nach zahlreichen Programmbeschwerden, die Sendung nicht zu wiederholen und aus der Mediathek zu nehmen. Schönenborn folgte dem Rat und sorgte damit für die nächste Empörungswelle, die in Zensurvorwürfen gipfelten. Daraufhin folgte nicht nur das Wiedereinstellen in die Mediathek, sondern auch die Ankündigung, das Sendungsthema nochmal aufzugreifen - mit genau denselben Gästen wie im März. Neben Schönenborn saß außerdem noch Sybille Mattfeldt-Kloth vom Landesfrauenrat Niedersachsen auf einem der zusätzlichen Plätze. Sie war als eine der Beschwerdeführerinnen zu der ersten Sendung eingeladen.

Erstaunt über Zensurvorwurf

Doch bevor die Talkgäste ihre - ja eigentlich schon aus der ersten Sendung bekannten - Argumente austauschen konnten, musste Jörg Schönenborn erklären, wie sein Handeln motiviert war. «Es ist keine Schande, einen Fehler einzugestehen», sagte der WDR-Fernsehdirektor und räumte ein, dass das Video nicht hätte aus der Mediathek entfernt werden dürfen. Deshalb habe man den Schritt revidiert. Erstaunt sei er jedoch über den Zensurvorwurf gewesen: «Es ist nicht lange her, dass Zensur in Deutschland an der Tagesordnung war. Ich tue mich schwer mit dem Begriff und frage mich, wer dann in dieser Geschichte der Zensor sein soll», sagte Schönenborn.

Nachdem der Fernsehdirektor «entlassen» wurde, begann die Diskussion zum neuen alten Thema - allerdings mit anderem Titel: «Der Gender-Streit: Was darf zu Mann und Frau gesagt werden?» Dass da schon fast die Hälfte der Sendezeit abgelaufen war, war nicht gerade das beste Zeichen dafür, dass Plasberg und seine Redaktion die Debatte besonders hoch gewichteten.

Inhaltlich belanglos

Allerdings waren die Einspielfilme, die zur Sendung gehören, bemüht um Selbstkritik und ein differenzierteres Bild auf Gender Mainstreaming und Gender Studies - auch wenn Hofreiter bei den Begrifflichkeiten nachhelfen musste. Immerhin waren der Redaktion diesmal nicht nur vermeintlich eher humoreske Beispiele von Gender Mainstreaming eingefallen (Ampelmännchen), sondern auch sehr ernsthafte (Frauentaxis). Auch in seiner Moderation bemühte sich Plasberg, weniger machohaft aufzutreten als im März. Trotzdem blieb die Diskussion im zweiten Anlauf inhaltlich ähnlich belanglos wie die erste.