"Wir haben um diese Liebe gekämpft", sagt Javier Gómez. Gegen seine Hochzeit demonstrierten katholische Bischöfe und konservative Politiker. Denn Gómez ist schwul, er heiratete vor zehn Jahren seinen langjährigen Lebenspartner Manuel Ródenas. Es war eine der ersten Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare in Spanien. Nur kurz zuvor hatte das spanische Parlament die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht, nach den Niederlanden und Belgien als drittes Land in Europa.
Die Worte "Mann" und "Frau" im Familiengesetz gestrichen
Am 11. Juli 2005 heiratete das erste schwule Paar in Spanien, Javier Gómez und Manuel Ródenas gaben sich nur wenige Tage später das Ja-Wort. Anders als bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Deutschland existiert in Spanien kein Unterschied zur herkömmlichen Ehe. Im Familiengesetz wurden die Worte Mann und Frau gestrichen. Zudem dürfen Schwule und Lesben auch Kinder adoptieren.
Inzwischen verzeichnet Spanien pro Jahr etwas mehr als 3.000 Hochzeiten homosexueller Paare. Einen Medienrummel wie bei der Hochzeit von Gómez und Ródenas gibt es dabei nicht mehr. Einer von der Tageszeitung "El País" im Juni in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge lehnen nur noch vier Prozent der Spanier die Ehe für Schwule und Lesben ab.
"Wir haben die Dinge von innen heraus verändert"
Die Angriffe der katholischen Kirche und der konservativen Volkspartei haben Gómez und Ródenas damals sehr geschmerzt. Denn auch sie sind praktizierende Katholiken und Mitglieder der Volkspartei. Doch ihre Ehe wurde von einem Konservativen geschlossen, dem damaligen Bürgermeister von Madrid, Alberto Ruiz-Gallardón. "Es war eine Revolution in der Partei und in der Kirche", sagt Javier zehn Jahre später. "Wir haben erreicht, die Dinge von innen heraus zu verändern."
Nach der Hochzeit, die in allen Zeitungen veröffentlicht worden war, seien sie von Fremden auf der Straße angesprochen worden: Nun falle es auch ihnen leichter, sich zu ihrer Homosexualität zu bekennen, sagte die Leute.
Vieles habe sich seither verändert, sagt Gómez' Partner, Manuel Ródenas. Als er Teenager war, sei die Schwulenszene fast konspirativ gewesen, erinnert er sich, "man sagte nicht, wohin man geht". Heute hätten 16-Jährige deutlich weniger Probleme, ihre Homosexualität offen zu leben und sich kennenzulernen. Transsexuelle seien damals von der Öffentlichkeit ignoriert worden. Heute hingegen gründeten die Eltern transsexueller Kinder Bürgerinitiativen.
Homosexuellen gegenüber besonders aufgeschlossen: Madrid
Während die beiden von ihrer Ehe sprechen, dringt Musik eines Open-Air-Konzerts durch die Fenster. Es ist Anfang Juli, es sind die Feiern zum "Dia del Orgullo", dem Tag des Stolzes oder Pride-Day, an dem Homosexuelle in aller Welt ihre Rechte einfordern. Es ist der wichtigste Tag der Szene in Spanien, die heute oft mit der Abkürzung LSBTT bezeichnet wird. Die steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell und transgender. Im Umzug laufen viele Männer in Lederunterwäsche und Drag-Queens mit.
Gómez und Ródenas nervt der Karneval ein wenig. Denn der Umzug sollte ihrer Ansicht nach einen politischen Charakter haben und für die Gleichstellung werben. Doch die Medien würden sich nur noch für die besonders spektakulär gekleideten Männer und Frauen interessieren, sagt Manuel frustriert.
"Es würde doch auch niemand verstehen, wenn man wegen seiner Hautfarbe nicht heiraten dürfe"
Für Madrid ist der Umzug hingegen ein gutes Geschäft geworden. Mehr als eine Millionen Menschen nehmen an den Feiern teil, die Hotels sind ausgebucht, die Stadt setze mehr als 150 Millionen Euro um, schätzen die Veranstalter. Madrid steht im Ruf, Homosexuellen gegenüber besonders aufgeschlossen zu sein.
Die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Spanien hatte auch in anderen Ländern Folgen: Frankreich und Portugal zogen nach, auch Argentinien folgte dem Beispiel Spaniens. Dass sich ausgerechnet Deutschland dem verschließt, das sie sonst für besonders fortschrittlich halten, verstehen auch Javier und Manuel nicht. "Es ist ein Grundrecht", sagt Manuel, der Rechtsanwalt ist. Er argumentiert: "Es würde doch auch niemand verstehen, wenn man wegen seiner Hautfarbe nicht heiraten dürfe."