Die Konzentration auf kognitive Lerninhalte sei "eine ungeheure Fehlentwicklung", sagte der Vorstand der größten deutschen Sozial-Förderorganisation am Sonntag in einer Kanzelrede in der evangelischen Bonner Kreuzkirche.
In der Bildung gehe es um die Entwicklung einer sozialen, selbstständigen und selbstbewussten Persönlichkeit: "Was haben wir davon, wenn heute junge Menschen von der Schule abgehen, die enorm gut ausgebildet, aber in weiten Teilen orientierungslos sind?" In der Schule fehle oft die Zeit für die Entwicklung von Interessen und Leidenschaften und für Kontakt "mit Menschen, die anders sind", kritisierte Buttlar laut Redetext.
Deshalb sei die inklusive Schule, in der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen, eine gute Idee. Buttlar sprach über den Bibelvers "Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an" (1. Samuel, Kapitel 16, Vers 7). Auch in der Arbeitswelt muss nach seinen Worten noch viel passieren. Ziel müsse sein, dass Menschen mit und ohne Behinderung zusammen arbeiten, und zwar möglichst auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Größtes Hemmnis sind nach Einschätzung des Experten die Vorbehalte der Arbeitgeber. Dabei stellten mehr als 80 Prozent der Unternehmen, die Behinderte beschäftigen, keine Leistungsunterschiede zwischen Angestellten mit und ohne Behinderung fest. Buttlar forderte auch den Staat zum Umdenken auf: Statt immer noch mehr Geld in die Erhaltung von Parallelstrukturen zu stecken, sollten mehr Anreize für Investitionen in Angebote angeschaffen werden, die Menschen mit Behinderung ein Leben in der Mitte der Gesellschaft ermöglichen.