Die Studentin war vor einem Jahr im Weihnachtsgottesdienst im Kölner Dom auf den Altar geklettert und hatte ihre Brüste entblößt. Auf ihrem Oberkörper stand der Schriftzug "I am God" (Ich bin Gott). (AZ: 647 Ds 240/14)
Richter Gerd Krämer wertete die Tat als "zielgerichtete, ideologische Meinungsäußerung", die nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden müsse, auch wenn die junge Frau zum Tatzeitpunkt erst 20 Jahre alt war. Die Angeklagte habe "den Gottesdienst absichtlich und in grober Weise gestört", sagte Krämer in der Urteilsbegründung. Besonders, dass sie auf ihre nackte Brust die Worte "Ich bin Gott" geschrieben habe, habe die Gläubigen und die Geistlichen schockieren müssen.
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Die ungehinderte Ausübung der Religion ist in Artikel 4 des Grundgesetzes geschützt. Störung der Religionsausübung kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Mit dem verhängten Strafmaß blieb das Amtsgericht unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Geldstrafe in Höhe von 1.600 Euro. Die Verteidigerin der Angeklagten hatte auf Freispruch plädiert.
Witt hatte in einer längeren Erklärung zu Beginn der Verhandlung die Anklagevorwürfe eingeräumt und betont, sie habe ihren Auftritt als "politische Aktion" begriffen. Sie habe damit für die Gleichberechtigung von Frauen und für den Frieden protestieren wollen. Ihre Nacktheit passe doch als "Reinheit der Schöpfung" gut in eine Kirche, erklärte sie. "Schließlich hängt auch Jesus nackt am Kreuz." Gleichzeitig beklagte die Aktivistin, dass sie von Sicherheitskräften an den Beinen aus der Kirche geschleift und von einem Gottesdienstbesucher geschlagen worden sei.
Das Erzbistum Köln, das damals von Kardinal Joachim Meisner geleitet wurde, hatte die Störung verurteilt, jedoch zugleich erklärt, den Vorfall nicht hochspielen zu wollen. Meisner, der an dem Tag seinen 80. Geburtstag feierte, hatte die Aktion in dem Hochamt aufgegriffen und unter Applaus gesagt, Witt habe Gottes Segen gewiss besonders nötig.
Femen ist eine ursprünglich in Kiew gegründete Gruppe feministischer Aktivistinnen. Ihr Markenzeichen sind Oben-ohne-Aktionen, bei denen die Frauen ihre nackten Oberkörper mit Parolen bemalen. Josephine Witt war nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr bei drei weiteren Femen-Aktionen dabei. In Tunesien hatte sie im Juni 2013 halbnackt gegen die Festnahme einer tunesischen Femen-Frau demonstriert und war zu vier Monaten Haft verurteilt worden, wovon sie 29 Tage absaß.