Der frühere DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer kritisierte den Bundespräsidenten dafür am Montag scharf. Er halte es für falsch, dass die Regierungsbildung von höchster Stelle angegriffen wird, sagte Schorlemmer im Deutschlandfunk. "Der Bundespräsident hätte dies alles mit seiner Partnerin besprechen können. Hier hat er ein Amt und diese Meinung gehörte nicht in diesen Rahmen."
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Gauck hatte am Wochenende in einem Interview die geplante Regierungskoalition in Thüringen aus Linkspartei, SPD und Grünen unter einen linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow kritisiert. "Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren", sagte Gauck. Die Partei reagierte empört. Unterstützung erhielt Gauck am Montag unter anderem vom Dachverband der SED-Opfer, der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Auch der EKD-Ratsvorsitzende, Nikolaus Schneider, begrüßte das "profilierte Auftreten" des Staatsoberhaupts.
Schorlemmer verwies dagegen auf die Anstrengungen in der Linkspartei, sich von der Vergangenheit zu distanzieren. Man sollte den Menschen Wandlung zutrauen, sagte der Wittenberger Theologe. Schon sehr früh hätten sich zwar nicht alle, aber große Teile der Linkspartei von der SED-Vergangenheit distanziert. Zudem kenne er Bodo Ramelow, der in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt habe, dass er ein linker Demokrat ist. "Ihm traue ich Kompromissbereitschaft, Konzeptionsfähigkeit und Führungsstärke zu und auch eine klare Distanzierung vom Unrecht in der DDR", sagte Schorlemmer.
Nach Auffassung Schorlemmers ist die Linkspartei auch nicht die Nachfolgepartei der SED. "Es gibt darin viele Leute, die nach 1989 nirgendwo anders eine politische Heimat gefunden haben", sagte er. Diese stünden in großer Mehrheit konsequent auf dem Boden des Grundgesetzes. "Alles andere ist einfach Schüren von Phobie." Natürlich müsse der Bundespräsident, denen, die in der DDR besonders gelitten haben, Gerechtigkeit widerfahren lassen, sagte Schorlemmer: "Aber bitte übertragt doch eure Wut nicht auf die Leute von heute, die damals nicht verantwortlich waren."
EKD-Ratsvorsitzender begrüßt "profiliertes Auftreten" des Bundespräsidenten
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, begrüßte dagegen das profilierte Auftreten des Staatsoberhaupts. "Seien wir froh, dass wir einen Bundespräsidenten haben, der durchaus meinungsfreudig ist", sagte Schneider am Montag dem Evangelischen Pressedienst.
Zugleich sei der Wählerwille in Thüringen zu respektieren - und die sich daraus ergebenden Mehrheitskonstellationen, betonte Schneider. Den Kandidaten der Linken für das Ministerpräsidentenamt in Thüringen, Ramelow, habe er auf dem Dresdner Kirchentag "als einen Menschen kennengelernt, der sich in seinem politischen Handeln als gläubiger Christ versteht".
Der SED-Opferverband UOKG verteidigte die Äußerungen Gaucks ebenfalls. Der Bundesvorsitzende Rainer Wagner warf der Linkspartei "Rede- und Denkverbote" wie zu DDR-Zeiten vor. Mit der Warnung vor einer Machtübernahme der Linken in Thüringen habe der Bundespräsident in Verantwortung für sein hohes Amt gesprochen, erklärte Wagner in Berlin.