Der neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sein Team aus 27 Kommissaren können am 1. November ihre Arbeit aufnehmen. Das Plenum des Europaparlaments in Straßburg gab am Mittwoch seine Zustimmung, vor allem mittels der Stimmen von Christ- und Sozialdemokraten. "Es ist an der Zeit, dass wir dem Projekt Europa neues Leben einhauchen", sagte der Christdemokrat Juncker vor den versammelten Parlamentariern. Das Vertrauen der Bürger müsse wieder hergestellt werden: "Extremisten von rechts und links gewinnen an Boden."
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Die Amtszeit der EU-Kommission beträgt fünf Jahre. Die Institution erarbeitet die Vorlagen für europäische Gesetze, die danach vom Europaparlament und vom EU-Ministerrat diskutiert und verabschiedet werden. Sie überwacht auch die Einhaltung des europäischen Rechts. Der 59-jährige Luxemburger Juncker folgt auf seinen Parteifreund José Manuel Barroso aus Portugal, der zehn Jahre lang den Brüsseler Chefposten inne hatte.
Das deutsche Gesicht in der Kommission ändert sich hingegen nicht: Günther Oettinger (61), bislang EU-Energiekommissar, betreut wie geplant das Ressort digitale Wirtschaft. Zu den wichtigsten Projekten Junckers gehört ein 300 Milliarden Euro schweres Investitionspaket aus öffentlichen und privaten Töpfen, das er noch vor Weihnachten vorlegen will. Juncker verspricht auch, die soziale Dimension der EU zu stärken: Europa solle "ein Schutzschild für alle" sein, sagte er am Mittwoch.
Die Parlamentsmehrheit hatte sich zur Rückendeckung für die Juncker-Kommission entschlossen, nachdem die Kommissare drei Wochen lang in Anhörungen befragt worden waren. Juncker kam den Parlamentariern durch einige inhaltliche und personelle Änderungen entgegen: So ist der ungarische Konservative Tibor Navracsics künftig doch nicht für Bürgerrechte zuständig. Das Dossier ging an den Griechen Dimitris Avramopoulos, der sich bereits um die Themen Migration und Inneres kümmert.
Eine Kandidatin, die Slowenin Alenka Bratusek, musste wegen fehlender Fachkenntnisse über Energiethemen den Hut nehmen. Sie wurde durch ihre Landsfrau Violeta Bulc ersetzt, die das Verkehrsressort übernimmt. Dennoch überzeugte die neue Juncker-Kommission am Mittwoch eine ganze Reihe Abgeordnete nicht. Das Kollegium erhielt 209 Gegenstimmen, etwa von Grünen, Linken und Europaskeptikern. Teile der Liberalen und etliche Konservative enthielten sich.
423 Parlamentarier stimmten hingegen für das Juncker-Team. Etliche Abgeordnete betonten vor der Abstimmung, eng mit Juncker zusammenarbeiten zu wollen. Der Luxemburger hat in den großen Parlamentsfraktionen eine starke Stellung: Erstmals war bei den letzten Europawahlen das Wahlergebnis explizit mit der Besetzung des Kommissions-Chefsessels verknüpft worden. Juncker war bei dem Urnengang im Mai als Spitzenkandidat der Christdemokraten angetreten. die Ernennung Junckers stärkt daher auch die Machtposition des Europaparlaments an sich.