"Die Gelder sind nicht gerecht verteilt entlang der Handelskette, weil es keinen Verhaltenskodex für Händler gibt", sagte die Wissenschaftlerin vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Große Handelsketten haben die Möglichkeit große Margen einzustreichen, weil sie den Verkaufspreis selber bestimmen können." Die Organisationen des Fairen Handels begehen bis zum 26. September die "Faire Woche" mit zahlreichen Veranstaltungen wie Produzentengesprächen.
Brandi erläuterte, zwar kosteten die Produkte im Supermarkt oft weniger als beispielsweise im Weltladen, aber die kleineren Importeure, die die Läden belieferten, zahlten den Produzenten einen höheren Anteil des Ertrags. Von dem Preisaufschlag, den die Konsumenten auch im Supermarkt bezahlten, komme weniger bei den Produzenten an.
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Je mehr Großhändler wie Supermarktketten im alternativen Handel engagiert seien, desto höher der Anteil an Beteiligten, die gewinnorientiert arbeiteten, sagte die Expertin für internationalen Handel und nachhaltige Entwicklung. Den Unternehmen, die zu Anfang im Fairen Handel engagiert waren, sei es weniger um den maximalen Gewinn als um das Gerechtigkeitsprinzip gegangen. "Wenn aber die Margen sehr hoch sind und nur ein kleiner Teil des Endverkaufspreises bei den Bedürftigen ankommt, widerspricht das der Philosophie des Fairen Handels."
"Der Faire Handel ist zwar nach wie vor ein Nischenbereich und seine Reichweite begrenzt, aber die Nische wird immer größer." Im vergangenen Jahr verzeichnete das Segment in Deutschland einen Zuwachs um 21 Prozent auf einen Umsatz von 784 Millionen Euro. Der Einzelhandel setzte insgesamt 433 Milliarden Euro um.
Die Vorteile des Fairen Handels seien die höheren Einkommen für die Produzenten, weil nicht nach den schwankenden Weltmarktpreisen bezahlt werde, Prämien für soziale Projekte wie der Bau von Brunnen oder Schulen und Planungssicherheit durch langfristige Handelsbeziehungen. Zudem bestehe eine große Transparenz. "Die gesamte Kette vom Produzenten bis zum Konsumenten kann verfolgt werden, damit kann der Verbraucher informiert und sensibilisiert werden."
Die Standards für die Vergabe des Fairtrade-Siegels sind Brandi zufolge umfassend und relativ hoch. Allerdings gebe es Schlupflöcher. Beispielsweise seien die Rechte von Wander- und Leiharbeitern nicht berücksichtigt. Zudem würden die Produzenten, die sich nicht am Fairen Handel beteiligten, schlechter gestellt. "Es gibt weniger Nachfrage nach ihren konventionellen Produkten." Im Idealfall führe dies dazu, dass die konventionell arbeitenden Bauern auf eine Produktion nach den Kriterien des Fairen Handels umstellten. "Die Nachfrage spielt dabei eine entscheidende Rolle."
Der Faire Handel hat nach Einschätzung Brandis als alternatives Wirtschaftsmodell viel Potenzial. "Aber der Fokus sollte auf fairen Regeln insgesamt im globalen und regionalen Handel liegen. Die Handelsregeln zwischen den Ländern sollten gerechter gestaltet werden."