Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat Italien Hilfen zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems vor der Mittelmeerküste zugesagt. "Wir erleben das Flüchtlingselend in der Welt und dramatische Situationen im Mittelmeer, wo Menschen aus Afrika oder Syrien und vielen anderen Ländern ausgebeutet werden", sagte de Maizière am Dienstag in Berlin. Derzeit arbeite man an einer gemeinsamen EU-Initiative, um eine "geschlossene und kohärente Antwort" auf diese Herausforderung zu finden, erklärte der Minister nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano. Die EU-Staaten wollten vor allem gegen Schleuserbanden vorgehen.
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De Maizière wies darauf hin, dass die italienische Nothilfe "Mare Nostrum" keine Dauerlösung sei. Italien hat im Rahmen dieser Militäroperation bereits Tausende Bootsflüchtlinge an Land gebracht und fordert seit Monaten Unterstützung. Die Seerettung soll von der EU-Grenzschutzagentur Frontex übernommen werden.
Vier bis fünf EU-Staaten nähmen etwa 70 bis 80 Prozent der Asylbewerber auf, betonte der Bundesinnenminister. Bevor sich die Staaten gegenseitig Vorwürfe machten, müsse es eine Lösung für diese Situation geben.
An der EU-Initiative beteiligen sich bisher Deutschland, Frankreich und Italien. Weitere EU-Staaten sollen einbezogen werden. Der italienische Innenminister Alfano kündigte Gespräche mit seinem spanischen Amtskollegen zu dem Thema an. Beim EU-Innenministertreffen im Oktober wollen die Staaten einen gemeinsamen Beschluss treffen.
Schleuserbanden sollen stärker bekämpft werden
Die EU-Staaten wollen mit ihrem Vorstoß auch stärker gegen Menschenhändler vorgehen, die die Flüchtlinge für horrende Summen nach Europa bringen. Dazu soll die Zusammenarbeit mit den südlichen Mittelmeerstaaten wie Libyen, Tunesien oder Marokko, aber auch mit den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge verbessert werden. Zudem soll Italien weitere Hilfe für die Seenotrettung bekommen. Ob es sich dabei um finanzielle oder materielle Unterstützung wie Boote oder Schiffe handelt, sagte de Maizière nicht.
Im Gegenzug versichert Italien, die Regeln des Dublin-II-Systems einzuhalten. Demnach müssen unter anderem allen eingereisten Flüchtlingen Fingerabdrücke genommen werden, die in der EU-Datenbank Eurodac zu registrieren sind. Laut Medienberichten hatten italienische Behörden häufig keine Daten erfasst. Dublin II sieht vor, dass Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen müssen, in das sie zuerst eingereist sind. Italien, Griechenland, Malta oder Spanien gehören zu den Ländern, die die meisten Flüchtlinge zuerst ansteuern.
"Europa wird endlich zum Akteur beim Schutz und bei der Sicherung seiner Grenzen", sagte der italienische Innenminister Alfano. Man müsse jetzt schnell und effizient handeln. Den Umgang mit den Flüchtlingen bezeichnete er als "essenzielles Thema" für die Zukunft Europas.
Am Wochenende hatte sich de Maizière bereits mit seinem französischen Amtskollegen Bernard Cazeneuve getroffen, um über den wachsenden Flüchtlingszustrom zu beraten. Beide hatten eine gerechtere Lastenverteilung innerhalb der EU gefordert.
In Deutschland sind in den vergangenen Monaten die Flüchtlingszahlen stark angestiegen. Mehrere Bundesländer - besonders Bayern und Nordrhein-Westfalen - hatten in der vergangenen Woche vor mangelnden Kapazitäten bei der Flüchtlingsunterbringung gewarnt. Bayern musste das überbelegte Erstaufnahmelage in Zirndorf schließen.