Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) benötigt nach Expertenansicht einen hauptamtlichen Ratsvorsitzenden. "Um an gesellschaftlichen Diskursen medial und persönlich in vollem Umfang teilzunehmen, braucht es eine nicht in allen Fragen ausrechenbare Persönlichkeit mit Zeit und Tiefgang", sagte der Unternehmensberater Henning von Vieregge am Freitag in Mainz dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Ratsvorsitzende solle den Titel "Erzbischof" erhalten und seinen Sitz in Berlin haben, ebenso das bisher in Hannover ansässige EKD-Kirchenamt.
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Über den EKD-Ratsvorsitz wird nach dem angekündigten Rückzug von Nikolaus Schneider im Herbst neu entschieden. Bisher wird die Spitzenposition ehrenamtlich durch einen leitenden Geistlichen aus einer der Landeskirchen besetzt. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre. Gewählt werden der Rat als oberstes Leitungsgremium und dessen Vorsitzender von der EKD-Synode, dem Parlament der Kirche, sowie Vertretern der Landeskirchen in der Kirchenkonferenz. Im Zuge der EKD-Reformdebatte hatte der kurhessische Bischof Martin Hein vor einigen Jahren vorgeschlagen, an der Spitze einen Leitenden Bischof oder Erzbischof einzusetzen. Dieser sollte zugleich Berliner Bischof sein.
Die Kirche brauche eine "klare Nummer eins", unterstrich Vieregge. Mit einem hauptamtlichen EKD-Ratsvorsitzenden wäre deutlicher als bisher, dass es einen "primus inter pares" gebe, einen Ersten unter Gleichen. Medien und Institutionen dächten hierarchisch, sagte der Unternehmensberater, der bis 2009 Hauptgeschäftführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen war. Deshalb benötige die Kirche eine Spitzenpersönlichkeit, die "ausgeruht, präsent und anregend ist".
Der Vorschlag, den Ratschef zum Erzbischof zu machen, "wäre nur konsequent", ergänzte Vieregge. Den Titel "Erzbischof" gibt es bei den reformatorischen Kirchen nur in einigen lutherischen Nationalkirchen, etwa in Schweden und Russland, sowie bei den Anglikanern. In Deutschland sind die Landeskirchen lutherisch, reformiert oder uniert.
Nach Ansicht des Unternehmensberaters gelingt es der katholischen Kirche besser als der evangelischen, "mit ihrem Spitzenpersonal präsent zu sein". Das liege an der klareren Hierarchie, zudem besetzten die katholischen Bischöfe "verschiedene Rollen". Angesichts des Papstamtes sei darüber hinaus "der Mangel an positiver öffentlicher Aufmerksamkeit nicht so groß wie beim evangelischen Gegenüber".