Von 9/11 bis Osama: Konjunktur für Verschwörungstheorien

Von 9/11 bis Osama: Konjunktur für Verschwörungstheorien
Manche sagen, Osama bin Laden ist schon lange tot. Andere behaupten steif und fest, dass er noch am Leben sei. Nach dem Tod des Al-Kaida-Führers gibt es im Internet viele Stimmen, die US-Präsident Barack Obama nicht glauben wollen. Sie sehen eine Verschwörung am Werk, eine gewaltige Manipulation der Weltöffentlichkeit. Die Chiffre 9/11 und alles, was der Zerstörung des World Trade Center in New York folgte, ist zu einem Klassiker der Verschwörungstheorien geworden.
03.05.2011
Von Peter Zschunke

Der in Berlin lebende Schriftsteller Daniel Kulla, Autor des 2007 erschienenen Sachbuchs "Entschwörungstheorie", sagte dazu der Nachrichtenagentur dpa: "Im Fall von Osama bin Ladens Tod haben wir es mit einem Thema zu tun, das schon seit Jahren ideologisch aufgeladen ist." Beflügelt werde das Verschwörungsdenken von ideologischer Feindschaft gegenüber den USA in Verbindung mit "verschiedenen Unklarheiten bezüglich 9/11".

Ungereimtheiten bei Todesnachricht

Auch zur Todesnachricht Bin Ladens werden an vielen Stellen im Netz Ungereimtheiten aufgeworfen. Der zur eindeutigen Identifizierung bin Ladens angeführte DNA-Test könne gar nicht so schnell zu einem Ergebnis führen, wie es in Washington erklärt worden sei, schreibt Blogger Oliver Klimmt aus Halle. Er nennt vor allem Zweifel wegen des Zeitpunkts der Militäraktion und verweist auf einen von der Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlichten Bericht zu einem Guantanamo-Häftling - danach gab es bereits im Herbst 2008 einen Hinweis auf die pakistanische Ortschaft Abbottabad. "Für mich wirft der Tod von Osama bin Laden jedenfalls mehr Fragen auf, als er beantwortet", meint Klimmt.

Kulla unterscheidet zwischen offenem und geschlossenem Verschwörungsdenken. Das offene Verschwörungsdenken begegne der Regierung mit Misstrauen: "Alles, was sie nicht beweisen kann, bleibt offen; was zu ihrer Agenda passt, muss besonders genau untersucht werden". Davon hebt sich das geschlossene Verschwörungsdenken ab, für das alle Fragen schon vorher beantwortet seien.

In einem Beitrag mit der Schlagzeile "Präsident Obama verkündet: Bin Laden immer noch tot" schreibt der ehemalige US-Soldat Gordon Duff im Onlineportal "Veterans Today", er sei immer der Auffassung gewesen, dass Bin Laden schon lange tot sei und dass die US-Regierung stets gelogen habe. "Jetzt glaubt ihnen niemand, nicht einmal, wenn Fotos und Videos veröffentlicht werden." Obamas Ansprache in der Nacht zum Montag habe "Millionen davon überzeugt, dass die Jagd nach Bin Laden eine der kriminellsten und absurdesten Unternehmungen in der Geschichte Amerikas" gewesen sei.

"Wie ein spannendes Buch"

Was macht die Beschäftigung mit 9/11 und den Folgen so faszinierend? "Für mich hat das etwas wie ein spannendes Buch - man weiß nicht, wie es ausgeht", sagt Blogger Klimmt. "Man hat bisher noch keinen Beweis zum Tod von Bin Laden gesehen. Wenn ein Beweis kommt, was ich eigentlich noch erwarte, ist die Frage für mich geklärt." Auch aus dem Feedback der Blog-Kommentare versuche er, neue Schlüsse zu ziehen.

Das geschlossene Verschwörungsdenken dient nach Auffassung des Experten Kulla der Abwehr und Projektion. Probleme und Missstände könnten so "als gezieltes Projekt einer feindseligen Verschwörung" verstanden werden. "Der Fehler liegt dann auf jeden Fall nicht mehr beim eigenen guten Kollektiv". Daher gebe es "immer wieder genügend Anhänger der entsprechenden Empörung über lügende Regierungen, geheime Machenschaften und sonstige Regelverletzungen der idealen Demokratie".

dpa