Japan hatte den Zweiten Weltkrieg verloren, US-Truppen standen im Land. Öffentlich erklärte der japanische Kaiser, der Tenno, dass auch er nur ein Mensch sei. Damit verzichte er auf seine Göttlichkeit, die ihm die japanische Shinto-Religion zusprach. Mit dieser Erklärung wurde die religiöse Freiheit in dem Land wieder hergestellt. Auch die christlichen Kirchen konnten sich an einen Wiederaufbau ihrer Gemeinden begeben.
Im frühen Japan gab es keinen eigenen Namen für die traditionelle Religion. Shinto – wörtlich übrsetzt heißt das "Weg der Götter" – war ursprünglich ein Ahnenkult, bei dem Schutzgötter für die Landwirtschaft und der Familie verehrt wurden. Mit der Ausbreitung der Tenno-Herrschaft entwickelte sich die von den Tennos praktizierte Form der Ahnenverehrung über die Jahrhunderte zur Shinto-Religion. Der Kontakt zu China und Korea brachte seit dem 6. Jahrhundert auch Buddhismus und Konfuzianismus nach Japan. Nicht nur Mitglieder der herrschenden Schicht hingen den neuen Religionen an. Mit der Zeit verbanden sie sich mit der shintoistischen Religion und wurden zur Volksreligion.
Vom portugiesischen König gesandt
Die Ankunft christlicher Missionare brachte im 16 Jahrhundert eine weitere neue Religion nach Japan. Der aus dem Baskenland stammende Franz Xaver – ein Weggefährte von Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens, war vom portugiesischem König als Missionar ins portugiesische Kolonialreich nach Asien entsandt worden. Auf den Molukken traf er 1547 auf einen Japaner, dessen Berichte ihn ermutigten, als Missionar nach Japan weiterzuziehen. 1549 trat Franz Xaver die Schiffsreise nach Japan an und gründete in Yamaguchi die erste christliche Gemeinde.
Diese katholische Missionstätigkeit war sehr erfolgreich, in den ersten 15 Monaten gab es rund 900 Taufen, um 1580 war die Zahl der japanischen Christen bereits auf 200.000 angewachsen, um 1600 gab es eine Dreiviertelmillion Christen, rund jeder zehnte Bewohner Nippons hielt sich zum Christentum.
So viel Zuwachs rief die regierenden Landesfürsten auf den Plan, die Angst vor der Stärke der katholischen Kirche bekamen. Sie fürchteten ebenfalls den Eroberungswillen der europäischen Staaten, die hinter der katholischen Mission standen. 1587 kam es zu einem ersten Edikt, dass das Christentum als eine dem japanischen Wesen fremde Religion verbot. Dieses Verbot wurde jedoch nicht konsequent umgesetzt, so gab es 1590 noch von der Kirche unterstützte Seminare, Krankenhäuser, sowie eine Druckerei und eine Malereischule.
Spanisch-portugiesischer Konflikt
Neben den portugiesischen Jesuiten kamen nun die spanischen Franziskaner nach Japan. Der Konflikt zwischen Spanien und Portugal dehnte sich auf den japanischen Boden aus. Hatten die Portugiesen in ihrer Besitzung in Goa in Indien eine Basis, nutzen die Spanier die Philippinen und Neu-Spanien - das heutige Mexiko - als Ausgangsbasis. Aus Angst vor fremden Mächten kam es zu Übergriffen gegen die Christen. Von ihnen fanden 26 den Tod: Japaner, Spanier und auch Mexikaner waren die ersten Märtyrer in Japan.
Aus Sorge, dass Christentum könnte seine Herrschaft in Gefahr bringen, begann Tokugawa Ieyasu, der als Shogun der militärische und politischen Machthaber war, eine strenge Christenverfolgung. Gleichzeitig betrieb er eine Politik der Abgrenzung. Japanern verbot er 1639 das Verlassen ihres Landes, Europäern das Betreten Japans. Einzige Ausnahme waren die protestantischen Holländer, da von ihnen keine militärische Gefahr ausging und die holländischen Kaufleute auch keinen Missionierungsdrang an den Tag legten.
Über 200 Jahre blieb Japan verschlossen, die Christen flüchteten sich in den Untergrund. Trotz schwerer Verfolgungen hielten sich hauptsächlich im Raum von Nagasaki: Untergrundchristen, die sich äußerlich an ihre buddhistische Umgebung anpassten. 1854 erzwang der amerikanischer Kommodore M. C. Perry einen Handelsvertrag mit Japan, ein zweiter Handelsvertrag 1859 erlaubte Ausländern die Religionsfreiheit in den Ausländervierteln der für sie geöffneten Hafenstädte. Für Japaner blieb das Christentum offiziell aber weiterhin verboten.
Flucht in den Untergrund
Über die Hafenstädte betraten in diesem Jahr auch die ersten protestantischen Missionare japanischen Boden. Da einige von ihnen zuvor in China gearbeitet hatten, brachten sie auf chinesisch verfasste Glaubenstexte mit. Schriftlich korrespondierten sie mit gebildeten Japanern, die chinesische Schrift lesen, aber nicht Chinesisch sprechen konnten. Später folgten Englisch-Lehrer, die anhand der Bibel Sprachunterricht erteilten. 1865 ließ sich der Übersetzer Yano Mototaka heimlich auf Sterbebett taufen, er war der erste protestantische Christ in Japan.
Über Englischschulen erreichten die Protestanten hauptsächliche japanische Intellektuelle, 1890 gab es bereits 3000 evangelische Gemeinden mit 34.000 Mitgliedern. Unter japanischen Christen bestand daher die Erwartung, dass Christianisierung ihres Landes keine Utopie sei. Charakteristisch für sie war in dieser Periode ihr Engagement für die Modernisierung Japans. Die katholische Pariser Missionsgesellschaft geht 1862 auf Untergrundschristen in Nagasaki zu und baut so die katholische Kirche in Japan wieder auf.
Die erste japanische Verfassung aus dem Jahre 1889 gewährt Religionsfreiheit, bis dahin war jeglicher Übertritt zum Christentum offiziell verboten. Gleichzeitig jedoch fordert die Regierung die Kaiserverehrung und macht sie zur Grundlage des Erziehungswesens: alle Schüler und Lehrer sind gezwungen, die Verehrung des Kaisers wie ein Wort Gottes zu akzeptieren. Im Obergymnasium von Tokyo kommt es zum Konflikt. Der Lehrer Uchimura lehnt es unter Berufung auf seinen christlichen Glauben ab, den Kaiser als Gott zu verehren. Er wird der Majestätsbeleidigung beschuldigt und aus dem Schuldienst entlassen. Er widmet sich nun ganz der Verkündigung seines Glaubens und wird Laienprediger.
Arrangement mit dem Kaiserkult
Die Debatte um das Erziehungswesen führt zu weiteren Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Kirchen. Aufgrund des Druckes von außen durch die Regierung und der unterschiedlichen konfessionellen Ausprägungen – besonders die reformiert-presbyterianische Richtung und die kongretionalistische Richtung sind etwa gleich stark unter den Protestanten – kommt es nicht dazu, dass sich die evangelischen Christen zu einer protestantischen Kirche in Japan zusammenschließen. Die protestantischen Kirchen arrangieren sich mit dem Kaiserkult, ihr Missionseifer erlischt und ihr geistliches Leben wird von intellektuellen Diskussionen bestimmt.
Während des Zweiten Weltkrieges versucht die japanische Regierung, die Religionsgesellschaften eng zu kontrollieren. Die Kirchen müssen ihre Verbindungen zu ausländischen Religionsgemeinschaften kappen. Aufgrund des staatlichen Druckes schließen sich 34 protestantische Konfessionen 1941 zur Vereinigten Kirche Christi in Japan zusammen, die die Kriegsführung der Regierung religiös unterstützt.
Dieser auf staatlichen Druck geschehene Zusammenschluss der Kirchen war nicht von Dauer. Als nach Kriegsende wieder Religionsfreiheit herrschte, wurde das kirchliche Leben in den angestammten Konfessionen neu organisiert. 1947 gab es bereits wieder 24 Kirchen, 1949 waren es 40, und 1953 gab es 76 Kirchen, unter denen allerdings die protestantische Vereinigte Kirche Christi in Japan die größte ist.
Mit einem Bevölkerungsanteil von rund einem Prozent stellen die Christen heute nur eine winzige Minderheit im 130-Millionen-Volk Japan. Viele von ihnen sind Ausländer und haben Kontakte in alle Welt. Die Orthodoxen etwa sind eng mit dem Moskauer Patriarchat verbunden. Die orthodoxe Kirche in Japan wurde 1861 von dem berühmten, später heiliggesprochenen Mönch Nikolai (1836–1912) gegründet. Bistümer gibt es in Tokio, Sendai und Kyoto. Die Zahl der Gläubigen wird auf rund 30.000 geschätzt.
Ralf Peter Reimann ist evangelischer Pfarrer und arbeitet bei evangelisch.de, Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und zuständig für die Bereiche Kirche und Religion.