Als Mitte des Jahres bekannt wurde, dass ein neuer Direktor für die Evangelischen Akademie in Tutzing gesucht wird, war für kurze Zeit die Theologin Margot Käßmann für den Posten im Gespräch. Sie ist es nicht geworden. Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entschied nun im Einvernehmen mit der Akademie , dass der kirchliche Medienexperte Udo Hahn (48) ab Juni 2011 die renommierte Bildungseinrichtung am Starnberger See leiten soll.
Für den begehrten Posten hatte die bayerische Landeskirche bundesweit geworben. Gesucht werde eine Person mit umfassender akademischer Bildung, einem klarem evangelisch-lutherischem Profil und sicherem, gewinnendem Auftreten, hieß es in der Stellenausschreibung. Zu den Aufgaben des neuen Direktors gehöre es, die Akademie auf dem kirchlichen und säkularen Bildungsmarkt zu positionieren und neue Zielgruppen zu erschließen.
Traumstelle
Für Hahn dürfte es die Traumstelle schlechthin sein. Der Pfarrer und Publizist mit Schnauzbart und Brille sieht sich gerne in der Rolle eines "Übersetzers". Er wolle die komplexen Fragen zu Glaube, Kirche, Theologie und Religion so aufbereiten, dass Menschen auf diese Themenwelt neugierig und aufmerksam werden und "spüren, dass das fürs eigene Leben wichtig ist", schreibt Hahn, der seit 2005 im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tätig ist.
In seinem neuen Amt kann Hahn die Position als Grenzgänger zwischen Kirche und Gesellschaft weiter ausbauen - und in seine bayerische Heimat zurückkehren. Er stammt aus Lauf an der Pegnitz in Mittelfranken. Evangelische Theologie studierte Hahn in Erlangen, Neuendettelsau und München. Von 1986 bis 1989 war er Mitarbeiter des Rothenburger "Evangelischen Sonntagsblatts". 1984 heiratete er die Bankkauffrau Sabine Rüdiger-Hahn.
Konservativer Theologe und engagierter Lutheraner
Nach dem ersten theologischen Examen 1989 ging Hahn zur christlichen Wochenzeitung "Rheinischer Merkur", wo er das Ressort "Kirche und Welt/Evangelische Kirche" leitete. Danach sammelte er als persönlicher Referent des Bevollmächtigten des Rates der EKD Erfahrung an der Schnittstelle von Kirche und Politik. 1999 wurde er Pressesprecher der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes in Hannover.
Hahn gilt als konservativer Theologe und engagierter Lutheraner. "Publizistik ist nicht gleich Predigt", meint er. Gleichwohl mache das Bild Jesu deutlich, dass das Evangelium aus einem kleinen Kreis in die Öffentlichkeit dränge, damit es von einer unbegrenzten Zahl von Personen vernommen werden könne.
Als Leiter des EKD-Referates Medien und Publizistik setzte sich Hahn vor allem für die Vernetzung der evangelischen Publizistik ein, so etwa für das Monatsmagazin "Chrismon" oder das Internetportal "evangelisch.de". Er unterstützte Produktionen wie den Zeichentrickfilm "Die Zehn Gebote" oder die Serie "Chi Ro". Hahn, Herausgeber und Autor zahlreicher Bücher, ist gut vernetzt in der Medien- und Kirchenwelt.
Schrumpfende Budgets
In der Evangelischen Akademie Tutzing erwartet den Theologen viel Arbeit. Denn die guten Zeiten für Bildungsstätten sind vorbei: die Teilnehmerzahlen sinken und die Budgets schrumpfen. Hahn wird darüber nachdenken müssen, welche Themenschwerpunkte künftig gesetzt und wie neue, junge Zielgruppen gewonnen werden können kann. Zudem wird er Spender für die Instandhaltung des alten Schlossgebäudes finden müssen.
Für Hahn ist sein neues Amt als Akademie-Direktor eine Herausforderung. Zusammen mit dem Kuratorium, dem Freundeskreis und dem Politischen Club der Akademie will er sich dafür einsetzen, dass "Denkfabrik" Tutzing auch in Zukunft einen "zentralen Beitrag zur Außenwirkung der Landeskirche und ihrem gesellschaftspolitischen Auftrag" leisten werde. "Die Behandlung existenzieller Themen, wie etwa die Suche nach verbindlichen Werten, der Umgang mit der Schöpfung und mit dem Fortschritt in der Medizin, das Zusammenleben der Generationen, die Integration ausländischer Mitbürger sowie die Bedeutung der Medien werden auch in Zukunft die Agenda der Akademiearbeit prägen", sagt er.
epd