In dem Buch relativiert der Papst das strikte vatikanische Kondomverbot. "Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann", so Benedikt XVI. mit Blick auf die Eindämmung der Aids-Epidemie. Zugleich verweist er darauf, dass die Kirche die Benutzung von Kondomen nicht als "moralische" Lösung ansehe. "Im einen oder anderen Fall kann es in der Absicht, Ansteckungsgefahr zu verringern, jedoch ein erster Schritt sein auf dem Weg hin zu einer anders gelebten, menschlicheren Sexualität."
"Journalismus in der Krise"
Seewald hatte sich diesen Sommer mit dem katholischen Kirchenoberhaupt zu mehreren Gesprächen getroffen. Der Vatikan beklagte, die Aussagen des Papstes in dem Buch seien von den Medien auf das Thema Sexualmoral reduziert worden. Seewald nannte die Konzentration auf die Kondomfrage in der öffentlichen Berichterstattung "lächerlich". Sie sei ein Zeichen dafür, dass der Journalismus sich in einer Krise befinde.
Dass das Buch Aufmerksamkeit erwecken wird, "das war klar, aber in diesem Ausmaß nicht ganz", sagte Verlagssprecherin Weis. Obwohl sich die Medien zunächst auf das Thema Sexualmoral gestürzt hätten, gebe es noch eine Reihe anderer wichtiger Themen in dem Gesprächsband. Der Verlag hoffe auch, dass man über das Buch zum christlichen Glauben finden könne.
Thema sexueller Missbrauch
In dem Buch gibt Benedikt XVI. Antworten rund um kirchliche, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Themen. Zur Sprache kommt auch der sexuelle Missbrauch durch Mitarbeiter der katholischen Kirche. Der Papst beschreibt, wie tief ihn dieser Skandal getroffen habe. Im Hinblick auf Ökumene, Pflichtzölibat, Frauenpriestertum, Homosexualität und Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene bekräftigt der Papst in dem Buch seine bisherigen Aussagen.
Zu den Äußerungen des Papstes zur Sexualmoral erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, gerade diese Stellen zeigten die "Einfühlsamkeit des Papstes, der sich auch in schwierige Lebenslagen von Menschen hineindenkt". Seine Äußerungen zum Kondomgebrauch hätten vor allem die HIV-Infektion und die Frage vor Augen, wie ihr zu begegnen sei. Sie ergänzten seine früheren Aussagen, dass eheliche Treue und Enthaltsamkeit der beste Schutz seien, aber auch Entwicklung und Erziehung, so Zollitsch in einer am Dienstag in Bonn veröffentlichten Stellungnahme.