Mit der New Yorker U-Bahn sind es nur wenige Stationen vom Hauptquartier der Vereinten Nationen bis zu der Stelle, an der früher das World Trade Center stand. Auch deswegen sorgte Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad mit seinem neuesten Skandal-Auftritt bei der UN-Generaldebatte für so viel Empörung.
Ausgerechnet in der Stadt, die sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wochenlang im Schockzustand befand, unterstellte Ahmadinedschad den USA, dass sie die Attacken selbst inszeniert haben könnten. Daraufhin verließen nicht nur die amerikanischen Diplomaten den Saal. Auch die Vertreter von 32 anderen Nationen gingen hinaus, darunter die komplette EU.
Antisemitische Äußerungen
Überraschend kam der Eklat allerdings nicht. Bereits vor einem Jahr hatte Ahmadinedschad mit antisemitischen Äußerungen dafür gesorgt, dass sich im UN-Hauptquartier der große Saal vorübergehend leerte. Und dieses Mal bezeichnete er gleich nach der Ankunft in New York den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als "Profi-Killer".
Also traf man schon vor der Rede für den Fall einer Wiederholung Absprachen. Die wichtigsten westlichen Außenminister - auch Guido Westerwelle - blieben dem Auftritt von vornherein fern. Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig ließ sich von zwei niederrangigeren Diplomaten vertreten. Die Tatsache, dass die Bundesrepublik bei der Generaldebatte dieses Mal ganz hinten sitzt, erleichterte dann den Weg zum Ausgang.
"Rhetorische Verirrungen"
Denn kaum hatte Ahmadinedschad mit seinen Verschwörungstheorien begonnen, setzte der Exodus ein. Der Iraner fabulierte, dass "einige Elemente in der US-Regierung den Angriff (am 11. September) orchestriert haben, um die schrumpfende amerikanische Wirtschaft und ihren Griff auf den Nahen Osten ebenso zu retten wie das zionistische Regime". Für Empörung sorgte auch, dass er die etwa 3.000 Toten des 11. September gegen "Hunderttausende Tote im Irak und in Afghanistan" aufrechnete.
Die US-Regierung nannte seinen Auftritt anschließend "abstoßend" und "wahnwitzig". Westerwelle sprach von "rhetorischen Verirrungen" und "geschmacklosen Entgleisungen". Trotzdem will man im Kreis der 5+1-Gruppe (die fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschland) aber die Hoffnung nicht aufgeben, mit dem Regime in Teheran wieder ins Gespräch über sein vermeintlich nur ziviles Nuklearprogramm zu kommen.
Bereitschaft zu Verhandlungen
Schließlich hatte US-Präsident Barack Obama erst wenige Stunden vor Ahmadinedschads Rede die Bereitschaft zu neuen Verhandlungen bekundet. Im Kreis der 5+1-Außenminister sieht man trotz des Eklats weiterhin Signale, dass in Teheran ein Umdenken eingesetzt hat - aller Rhetorik zum Trotz. Einige finden auch, dass sich Ahmadinedschad, abgesehen von der Passage zum 11.September, für seine Verhältnisse doch eher zurückgehalten hat.
Mit genaueren Einschätzungen zum Machtgefüge innerhalb der iranischen Führung ist man allerdings vorsichtig geworden. Westerwelle formuliert: "Ich denke, dass die geschlossene Haltung der Staatengemeinschaft nicht ohne Eindruck auf die iranische Führung geblieben ist." Zuletzt hatte die Staatengemeinschaft im Juni ein neues Bündel von Sanktionen verhängt, getragen auch von Russland und China.
Vorsichtiger Optimismus
Der vorsichtige Optismismus gründet sich auch auf mehreren Treffen mit dem iranischen Außenminister Manuchehr Mottaki, die noch vor der Rede Ahmadinedschads auf dem UN-Gelände stattfanden. Ins Detail ging in der Öffentlichkeit allerdings niemand. Nach dem Auftritt des iranischen Präsidenten schon gar nicht mehr.
dpa