"Kein Baby muss mit Aids auf die Welt kommen"

"Kein Baby muss mit Aids auf die Welt kommen"
Die Welt-Aids-Konferenz in Wien hat mit eindringlichen Appellen für mehr Engagement begonnen. Zehn Millionen Aids-Kranke weltweit warteten dringend auf Medikamente, sagte der Direktor des UN-Aids-Programms, Michel Sidibé, am Sonntag zum Auftakt. "Das Leben von zehn Millionen Menschen hängt am seidenen Faden." Notwendig seien mehr Geld und einfachere Therapien.

Der Präsident der Internationalen Aids-Gesellschaft (IAS), Julio Montaner, drängte zu schnellem Handeln: "Menschen sterben, weil sie nicht behandelt werden." Dabei sei die Therapie auch ein Beitrag zur Vorbeugung. Die antiretroviralen Medikamente senkten das Risiko der HIV-Übertragung auf andere Menschen.

Montaner verwies auf die hohe Wirksamkeit in der Schwangerschaft. "Kein Baby muss mit Aids auf die Welt kommen", betonte der Wissenschaftler, der Präsident der bis Freitag dauernden Konferenz ist. Nach UN-Angaben wurden 2008 rund 400.000 Jungen und Mädchen weltweit mit HIV geboren.

Ziel: Medikamente für alle

Der südafrikanische Vizepräsident Kgalema Motlanthe bekannte sich zu dem Ziel, in einigen Jahren alle Aids-Kranken mit Medikamenten zu versorgen. Südafrika hat mit 5,7 Millionen HIV-Infizierten eine der höchsten Aids-Raten der Welt. Jeder fünfte Erwachsene ist HIV-positiv. Zum ersten Mal wurde ein Rückgang der Neuinfektionen bei jungen Leuten festgestellt.

Weltweit leben 33,4 Millionen Menschen mit HIV und Aids, davon zwei Drittel in Afrika südlich der Sahara. Heute erhalten fünf von 15 Millionen Aids-Kranken eine medikamentöse Therapie, die ihr Leben verlängert.

Zur Welt-Aids-Konferenz werden mehr als 20.000 Wissenschaftler, Mediziner, Politiker, Aktivisten und Patienten erwartet. Sie steht unter Motto "Rechte hier und jetzt". Ein Schwerpunkt ist die Situation in Osteuropa und Zentralasien, wo die Neuinfektionen entgegen dem internationalen Trend weiter steigen. Derzeit sind dort 1,5 Millionen Menschen HIV positiv.

Kritik an Mittelkürzungen

Aids-Aktivisten warfen den USA und europäischen Ländern vor, ihre Finanzmittel für die weltweite Bekämpfung der Immunschwäche zu kürzen. Der Globale Fonds gegen Aids, Malaria und Tuberkulose hofft auf 20 Milliarden US-Dollar (15,5 Milliarden Euro) für die nächsten drei Jahre. Der Fonds ist der Hauptfinanzierer für Aidsprogramme in armen Ländern.

Die Industrieländer haben einer Studie zufolge ihre Mittel für die weltweite Bekämpfung von Aids leicht gekürzt. Inmitten der Finanzkrise sanken die Ausgaben von 7,7 auf 7,6 Milliarden US-Dollar, wie das UN-Aids-Programm und die kalifornische Kaiser-Family-Sitftung am Sonntag auf der Welt-Aids-Konferenz mitteilten. Eine Phase zweistelliger Zuwachsraten seit 2001 sei damit zum Stillstand gekommen.

Auch Deutschland gibt weniger Geld

Wissenschaftler und Aktivisten warnen auf der Konferenz vor drastischen finanziellen Einschnitten im Kampf gegen Aids. Bisher kann erst ein Drittel der 15 Millionen Aids-Kranken weltweit mit Medikamenten behandelt werden. Bis 2010 wollte die Staatengemeinschaft allen Patienten Aids-Therapien zugänglich machen, die ihr Leben verlängern.

Der Studie zufolge erhöhten die USA 2009 ihre Mittel deutlich von 3,95 auf 4,4 Milliarden Dollar. In Kanada, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien und den Niederlanden wurden Rückgänge verzeichnet.

Die Bundesregierung gibt nach eigenen Angaben seit 2008 jährlich 500 Millionen Euro (650 Millionen Dollar) für die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose aus. Darin eingeschlossen sind 200 Millionen Euro (260 Millionen Euro) an den Globalen Aids-Fonds. Indes protestieren Hilfswerke: Sie befürchten, dass die Mittel für den Fonds künftig auf ein Drittel reduziert werden sollen.

Zur Aids-Konferenz kamen auch Ex-US-Präsident Bill Clinton, die US-Schauspielerin Whoopi Goldberg und Norwegens Kronprinzessin Mette Marit nach Wien.  

epd