Wer ist eigentlich dieser Urheber?

Wer ist eigentlich dieser Urheber?
Urheberrecht, nächste Runde. Was wir vom Klimagipfel lernen können. Etwas über Gurken und Hajo-Friedrichs-Zitat-Recycling. Ein bemerkenswerter Rausschmeißer.

2012 hatten wir das schon mal. Da ging es um das Leistungsschutzrecht für Presseverleger (#LSR), und daher stammt auch die denkwürdige HeadlineRegierung beschließt Urheberrecht für Verlage”. Jetzt geht der Urheberrechtsstreit mit der Frage in die nächste Runde, welche Rechte Urheber künftig haben werden; selbst der Gedanke, ob sie überhaupt noch welche haben werden, ist nicht restlos abwegig. Die Verwirrung darüber, wer denn überhaupt Urheber ist, wird durch die neue Debatte nicht gerade kleiner.

Wie beim letzten Mal geht es mit einem offenen Brief los. Darin wehren sich dieses Mal Urheber gegen Teile eines Referentenentwurfs zu einer Gesetzesnovelle zum Urheberrecht (§ 40a Abs. 1), denen zufolge sie künftig nach fünf Jahren ihre Rechte von einem Verlag zurückfordern und mit einem anderen Verlag neu verhandeln können.

Nun sollte man annehmen, dass der Urheber als solcher über diesen Plan des Gesetzgebers jauchzt und frohlockt. Tut er aber nicht. So heißt es in dem Brief:

„Wir wünschen uns ein Urheberrecht, das neben der urheberrechtlichen Kreativität und Selbstbestimmung der Autoren auch die Leistungen ihrer Verlage schützt und die vertrauensvollen, langfristigen Beziehungen zwischen Verlagen und Autoren fördert, statt sie zu untergraben.“

Der DJV hingegen befürwortet die Fünfjahresfrist und findet es falsch, deshalb direkt den ganzen Entwurf in die Tonne zu kloppen. (Aus Journalistensicht wäre das tatsächlich nicht zu begrüßen, denn darin werden u. a. deutliche Änderungen für die abscheulichen Total-Buy-out-Verträge und ein Verbandsklagerecht vorgeschlagen.)

Jetzt wird es knifflig.

Es ist recht verständlich, dass Buchautoren und Journalisten unterschiedliche Interessen haben: Die Autoren (jedenfalls die besser Verdienenden, die den offenen Brief unterschrieben haben) sind an einer stabilen Beziehung zu ‚ihrem‘ Verlag interessiert, weil langjährige Zusammenarbeit unbestreitbare Vorteile hat – für beide Seiten. Im besseren Buchverlagswesen scheint also das nicht unintelligente Prinzip von Geben und Nehmen immerhin grundsätzlich bekannt zu sein.

Autor:in
Vera Bunse

Die freie Journalistin Vera Bunse schlägt sich mit anderer Leute Texten, Politik, Netz- und Medienpolitik und sozialem Gedöns herum und durch.

Das ist im Journalismus längst anders: Das Produkt "Artikel" ist flüchtiger als das Produkt "Buch". Artikel sind zahlreicher, bringen aber weniger ein. Daher verkaufen Presseverleger lieber Hundefutter und entlassen komplette Redaktionen, als ihre Schreiber besser zu behandeln. Außerdem gibt es ja genug Freie, und Nachwuchs, der nicht so wahnsinnig anspruchsvoll ist (und was glauben Sie wohl, wie viele Journalisten in Deutschland über 6.000 Euro im Monat verdienen ...?).

Insoweit ist die unterschiedliche Haltung plausibel. Das Knifflige ist die gesetzliche Ausgangslage, denn sowohl das unveräußerliche Recht des Urhebers als auch die erworbenen Leistungsschutzrechte des Verwerters / Verlegers – sog. Verwandte Schutzrechte – werden sozusagen in einem Atemzug geregelt: im deutschen Urheberrechtsgesetz.

Verwerterverbänden wie der VG Media ist das recht, ebenso etwa dem Börsenverein des deutschen Buchhandels. Niemand kann ihnen ernsthaft widersprechen, wenn sie sich fortgesetzt als Urheber gerieren. Auch damit ist ihre politische Macht als gemeinhin anerkannte Interessenvertreter der Urheber zu erklären – schließlich sind sie ja selbst welche, irgendwie. Nur, genaugenommen sind sie eben keine. Deshalb ziehen Journalisten so oft den Kürzeren: Ein privatwirtschaftliches Unternehmen hat nun mal zuvörderst die eigenen Interessen im Blick. Ein Gesetz, das alles über einen Kamm schert, kommt der genehmen Vertretung derselben sehr entgegen. Aus dieser Richtung wird demnach energischer Widerstand kommen.

Diese Tatsachen sind nur ein kleiner Ausschnitt des Problems. Rechte für Musik, Software, Bildung und Forschung, die Panoramafreiheit, Remixe und Karikaturen, Roaming und Geoblocking, aus AGB im Internet und Verbraucherschutz kommen hier noch gar nicht vor. Das lässt erahnen, welche Kraftanstrengungen eine Gesetzesnovelle erfordert, die das alles in einem Gesetz unterbringen will - von künftigen europäischen oder gar internationalen Vereinbarungen ganz zu schweigen.

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+++ Alle sind für anderthalb Tage ganz aus dem Häuschen, weil wir die Energiewende sowie die „in Richtung Vernunft“ (Merkel) doch noch geschafft haben. Schau’n mer mal. Wiederverwertbar für den journalistischen Bedarf scheint jedenfalls das Konzept, die politische Profilierungsveranstaltung zu Beginn abzuhandeln und dann die Fachleute machen zu lassen. Dass sich das Prinzip auf Rundfunk- und Fernsehgremien anwenden ließe, ist allerdings zweifelhaft. +++

+++ Beim Schweizer Tages-Anzeiger schrumpft der Chefredaktor zum Filialleiter, schreibt Rainer Stadler in der NZZ. Der Spardruck führe nicht nur zu einer „Homogenisierung der Redaktionen“, sondern auch der „bereits sichtbare Trend hin zum redaktionellen Gemischtwarenladen“ werde sich fortsetzen. +++

+++ „Von digitalen Plänen, Serienflops und Gremienärger“ ist in Kai-Hinrich Renners medialem Ausblick auf 2016 die Rede. Renner fragt zudem, ob die hochgelobte, niedrig bewertete RTL-Serie „Deutschland 83“ als „höherwertige TV-Kost […] beim Castingshow-Sender“ nicht einfach überfordert habe. +++

+++ In seinem Netzfeuilleton berichtet Jannis Kuchartz über das Ende von Y-Titty: Nach neun Jahren trennt sich das lange Zeit angesagteste YouTube-Comedytrio und kritisiert zum Abschied noch kurz und treffend die Entwicklung der Videoplattform zur Placement Station. +++

+++ Auf dem Verfassungsblog beschreibt Sebastian Leuschner, weshalb wir eine „Charta der Grundrechte für die digitale Zeit” brauchen: "In einem grenzenlosen Internet, das ganz überwiegend private Akteure konstituieren und beherrschen und daneben Hoheitsgewalten für extraterritoriale Übergriffe nutzen, stellt sich auch die Frage, ob eine auf die öffentliche Gewalt und territorial begrenzte Grundrechtswirkung noch Sinn macht." Sehr ähnliche Fragen werden sich im deutschen Rundfunkrecht und dessen kommender Aufweichung durch europäische und internationale (digitale) Entwicklungen stellen. +++

+++ Der Mediendienst Integration gibt journalistische Tipps zur Berichterstattung über den ISDaesh und bietet Hintergrund und viele Links zu Flucht und Asyl, Migration und Integration an. +++

+++ iRights.Media, der Verlag des Urheberrechtsportals iRights.info, hat die lesenswerten Beiträge aus seinem Jahresrückblick ins digitale Magazin Das Netz gestellt. +++

+++ NiemanLab stellt seine Auswahl der 10 interessantesten Texte über Journalismus und (soziale) Medien vor. +++

+++ Der beliebte Gurkenvergleich kommt diesmal von Wolfram Weimer. In „Schluss mit dem Gutmenschen-Gegurke“ führt er als einen wichtigen Grund, der zur Glaubwürdigkeitskrise der Medien geführt hat, den „Konformismus des Guten“ an. Der schade der Demokratie. Ja, Hajo Friedrich hat uns da wirklich ein vielfältig anwendbares Zitat hinterlassen. +++

+++ Nix mit Medien, aber ein absolutes Schlusslicht: die unverblümte Personalwerbung von Verfassungsschutzpräsident Maaßen in einem MDR-Interview vom 11. Dezember (bei Min. 3:44): "Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber, und ich kann sagen, in manchen Bereichen unseres Hauses kann man all das machen, was man schon immer machen wollte – aber man ist straflos. Zum Beispiel Telekommunikationsüberwachung." Na, wenn sich da die Richtigen nicht angesprochen fühlen … +++

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